: Antisemitischer Hetzbrief in der Berliner CDU
■ Generalsekretär Peter Hintze drängt aus Bonn auf rasche Klärung. Bürgermeister Eberhard Diepgen hält sich mit öffentlicher Kritik an Parteifreunden noch zurück
Berlin (taz) – Mitglieder der hauptstädtischen CDU sorgen mit rechtsradikalen Parolen für Aufsehen. In einem bundesweit an die Kreisverbände ihrer Partei versandten Brief wettert eine „Bürgerinitiative besorgter Bürger“ gegen Aufwendungen für Ausländer, Asylbewerber und Bürgerkriegsflüchtlinge sowie „die großzügige Finanzierung Israels“ und jüdischer Einrichtungen in Deutschland. Es sei „endlich an der Zeit, den pathologischen Philosemitismus unserer Politiker beim Namen zu nennen“. Unterzeichnet sind die Briefe von Georg Klaffus, CDU-Mitglied in Berlin-Charlottenburg, und Ortwin Kuhn, Christdemokrat aus Berlin-Zehlendorf.
CDU-Generalsekretär Peter Hintze, der von mehreren Kreisverbänden über das Schreiben informiert wurde, hat sich inzwischen eingeschaltet. In einem Brief an die betreffenden CDU-Kreisverbände forderte Hintze, mögliche Schritte gegen Klaffus und Kuhn zu prüfen. Er nannte die Thesen „fragwürdig und zum Teil rechtsradikal“. Nach der Parteisatzung reichen die denkbaren Konsequenzen dafür vom Verweis über eine zeitweilige Ämtersperre bis zum Parteiausschluß. Noch hält sich die Berliner CDU bedeckt. Jürgen Klemann, Kreisvorsitzender in Zehlendorf und zugleich Berliner Bausenator, mahnte sein Mitglied Kuhn schriftlich, daß „solche Äußerungen außerhalb des demokratischen Spektrums liegen“. Außerdem wurden die beiden Verfasser des bereits im Mai versandten Papiers von ihren Kreisvorsitzenden zur Stellungnahme aufgefordert – bislang ohne Resonanz. Berlins Parteisprecher Matthias Wambach betonte, daß in dem Papier auch von SPD- wie FDP-Mitglieder als Unterstützer der „besorgten Bürger“ die Rede sei. Offen sei zudem, wie viele Personen hinter dem Aufruf stünden.
Mittlerweile hat sich der Vorsitzende der Berliner Jüdischen Gemeinde, Andreas Nachama, in die Diskussion eingeschaltet. Er forderte den Regierenden Bürgermeister der Hauptstadt, Eberhard Diepgen (CDU), auf, den Vorfall nicht weiter auszusitzen, sondern „ein klärendes Wort zu sprechen“. Der liberalere Diepgen, so Nachama, habe das Problem nicht im Griff, denn in seiner Partei gebe es eine Stimmungslage für rechte Töne. Barbara Junge
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