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Pssst! Der Lärmschutz soll weg!

■ Die Landesregierung von Baden-Württemberg will im Bundesrat dafür sorgen, daß die Gemeinden künftig keine Pläne zur Lärmminderung mehr aufstellen müssen. Diese Vorschrift sei nur ein Investitionshemmnis

Berlin (taz) – Städte und Gemeinden sollen sich künftig nicht mehr um den Lärmschutz ihrer Einwohner kümmern müssen. Die Landesregierung von Baden- Württemberg will die Pflicht der Gemeinden, Lärmminderungspläne zu erstellen, als angebliches Investitionshemmnis wieder abschaffen. Das Kabinett beauftragte den Umwelt- und Verkehrsminister Hermann Schaufler (CDU), eine entsprechende Bundesratsinitiative zu unternehmen. Der Kabinettsbeschluß liegt der taz vor.

Das Vorhaben der CDU/FDP-Landesregierung hat in Fachkreisen für erhebliche Aufregung gesorgt. Dieter Gottlob, beim Umweltbundesamt für Gesundheit und Lärmschutz zuständig, nennt die Pläne „einen Schritt in die falsche Richtung“. Die im Bundesimmissionsschutzgesetz vorgeschriebenen Lärmminderungspläne müßten statt dessen ausgebaut werden. 70 Prozent der Bundesbürger fühlen sich heute vom Straßenverkehrslärm belästigt. 16 Prozent sind einer Belastung ausgesetzt, die das Herzinfarktrisiko erhöht. Wissenschaftler des Umweltbundesamtes schreiben in einer aktuellen Studie, daß an Straßen mit starkem Verkehrslärm dieses Risiko um bis zu 20 Prozent höher ist.

Auch Peter Westenberger, Verkehrsreferent beim Bund für Umwelt und Naturschutz, kritisiert das Vorhaben. „Erst wird der entsprechende Paragraph jahrelang nicht umgesetzt. Und statt dies zu ändern, will die Landesregierung nun die Lärmschutzpläne wieder abschaffen.“

Die Städte und Gemeinden im Südwesten haben es in den vergangenen Jahren tatsächlich an Gesetzestreue mangeln lassen. Ganze acht Städte und Gemeinden haben nach Auskunft von Thilo Straub, Sprecher des Stuttgarter Verkehrsministeriums, die seit 1990 gesetzlich vorgeschriebenen Lärmschutzpläne erstellt.

Hinter dem Anschlag auf Trommelfell und Gesundheit der Bürgerinnen und Bürger steht der Gemeindetag Baden- Württemberg. Er argumentiert seit Jahren, Lärmminderungspläne brächten nichts und würden nur Kosten verursachen.

Im niedersächsischen Nienburg an der Weser beispielsweise denkt man anders. „Wir waren damals Modellstadt bei der Einführung der Pläne“, so Stadtbaurat Henning Onkes. „Und heute nutzen wir die Erkenntnisse für den neuen Flächennutzungsplan.“ Hermann-Josef Tenhagen

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