: Arbeitsamt: Die Endloswarteschleife
Erlebnisse bei der Jobsuche im Arbeitsamt: Überfüllte Behördenstuben, genervte Mitarbeiter, abgestumpfte Arbeitslose, lange Wartezeiten und tote Telefonanschlüsse. Eine Behörden-Odyssee ■ von Astrid Entezami
Ich war seit rund zwei Monaten auf Stellensuche, schrieb Bewerbungen auf Anzeigen. Manchmal reagierte keiner, teilweise bekam ich wenigstens die Bewerbungsunterlagen zurückgeschickt. Ich war auch bei einigen Vorstellungsgesprächen, aber eine neue Stelle hatte ich noch nicht. Auch das Anrufen bei möglichen Arbeitgebern hatte keinen Erfolg gebracht. Ich fing langsam an, mich selbst zu fragen, was ich bei meinen Bewerbungen falsch mache, und sagte zu mir, am besten, du sprichst einen Arbeitsberater vom Arbeitsamt. Von vor Jahren waren mir noch die langen Wartezeiten im Sinn. Ich dachte, du rufst an und läßt dir einen Termin geben.
Schon nach kurzer Zeit erreichte ich die Zentrale. Man legte mich auf eine Warteschleife. Nach zehn Minuten bekam ich endlich ein Freizeichen, es ging aber keiner an den Apparat. Ich dachte mir: „Gut, geh besser hin, telefonieren mit dem Arbeitsamt, das ist nur etwas für Reiche.“ Vor dem Arbeitsamt, in der Empfangshalle, auch auf den Gängen: Menschenmassen. Die Zimmernummern von einigen Stellen hatten sich geändert, deshalb war links vom Eingang ein Informationspult. Die Angelegenheit ging ziemlich schnell. Nach ungefähr zehn Minuten vor der Tafel erfuhr ich, daß sich die Zimmernummer für meinen Bereich nicht geändert hatte.
Ich ging nach oben und zog eine Wartenummer. Ich hatte die 149. Nach einem Weilchen kam jemand aus dem Zimmer und rief Nr. 74 auf. Ich rief: „Es ist erst Nummer 75 dran?“ Die Frau neben mir erzählte, sie warte schon seit zwei Stunden, und es würde sicher noch eine Weile dauern. Als das nächste Mal jemand aus dem Zimmer kam, brachte ich meine Angelegenheit vor, ich brauchte ja nur einen Termin. Die Frau reagierte nicht.
Dann kam der nächste heraus. Ich ging einfach in das Büro hinein und brachte meine Terminangelegenheit vor. Für einen Termin beim Arbeitsberater gibt es Wartezeiten bis zu einem halben Jahr, hieß es: „Aber am Donnerstag ist Sprechstunde für Berufstätige. Nicht diese Woche, aber die nächste. Das Ganze dauert da nicht so lange.“
Ich dachte: „Jetzt geh aber noch zum Stelleninformationsservice an den Computer.“ Ich war erstaunt. Die Wartezeit war mit einer halben bis dreiviertel Stunde geradezu kurz. Ich fand auch einige Angebote, die ich mir ausdrucken ließ. Bei einigen stand eine Telefonnummer, bei einem nur die Adresse mit dem Vermerk: „Bitte schriftlich bewerben.“ Auf einem weiteren Zettel stand, man solle sich an die Information wenden. Dort erfuhr ich, daß nur der Arbeitsberater die Adresse herausgeben darf. Man erklärte mir noch, es sei gerade Mittagszeit. „Am besten, Sie gehen nach Hause und rufen von dort an.“ Ich bekam fünf Durchwahlnummern.
Zu Hause stellte ich fest, daß auch bei den Durchwahlnummern die Zentrale abhob und mich wieder auf die Warteschleife legte. Diesmal schon nach sieben Minuten das Freizeichen, wobei dann aber wieder keiner an den Apparat ging. Ich versuchte es mit einer anderen Durchwahlnummer. Hier kam ich zwar nicht gleich auf die Zentrale, es ging aber auch niemand ans Telefon. Gut, die dritte Nummer, noch einmal die Zentrale. Warteschleife, Freizeichen, mehr nicht. Nach rund einer halben Stunde rief ich etwas ungehalten bei der Zentrale an und fragte, wie es möglich sei, daß da keiner an die Telefone gehe. Man klärte mich auf, die Telefone seien abgeschaltet, am besten, ich käme vorbei.
Ich legte schnell den Hörer auf die Gabel. Mehr davon machen meine Nerven nicht mit, dachte ich: „Du hast ja noch die anderen drei Angebote.“ Ich rief bei den beiden ersten an. Man zeigte sich überrascht und teilte mir mit, daß die Stellen schon längst besetzt seien. Auf meine schriftliche Bewerbung erhielt ich eine Woche später die gleiche Auskunft.
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