Das Portrait
: Ergraut im Dienst der US-Diplomatie

■ John C. Kornblum

Ein Diplomat im klassischen Sinne, werde er nicht sein, sagte John C. Kornblum, der von Präsident Bill Clinton ernannte und jetzt endlich vom Senat bestätigte US-amerikanische Botschafter für Deutschland. Davor schützten ihn schon seine Sprachkenntnisse. Da er fließend Deutsch spreche, könne er sich auch in Kreisen bewegen, die sonst Botschaftern eher verschlossen seien. Was für Kreise das seien? Nun ja, die Jugend und – die intellektuelle Szene.

Nein, sein Traumberuf sei das nicht gewesen, Botschafter in Deutschland zu werden, eigentlich habe er Baseballspieler werden wollen; das aber sagt er wahrscheinlich nur, weil für US-Politiker witzige Antworten oft die eleganteste Art sind, komplizierten Fragen auszuweichen, denn der Baseballspieler paßt nun wirklich nicht zu diesem behäbigen, im diplomatischen Dienst ergrauten Mann.

Man frage sich im State Department heute nicht mehr jeden Tag als erstes, wie die Lage in Berlin sei, das aber heiße nicht, daß man seine alten Partner vergessen werde. Die Welt sei eben komplexer geworden, jetzt, da sie nicht mehr Geisel des Ost-West-Konflikts sei. Vor zehn Jahren noch hätten Europäer sich gern über Amerikaner lustig gemacht und besorgt deren veraltete Industrie, hohe Arbeitslosigkeit und soziale Krise kommentiert. Und heute? Die deutsch-US-amerikanischen Beziehungen seien eben ein Produkt des Wandels. In den USA führten Visionen zum Wandel, in Deutschland müsse Wandel immer gründlich vorbereitet sein.

John Kornblums Großeltern waren Bauern in Ostpreußen, die im vorigen Jahrhundert in die USA einwanderten. Die Familiengeschichte muß doch innerlich an ihm gezerrt haben, denn seit Abschluß seiner Studienzeit 1964 zog es ihn in den diplomatischen Dienst und darin vor allem nach Deutschland. Er war erst Botschaftsangestellter in Hamburg und später in Bonn, wo Berlin zu seinem Verantwortungsbereich gehörte, dann Mitglied der US-amerikanischen Delegation bei den Verhandlungen zum Viermächteabkommen über Berlin. Nach Berlin wurde er drei weitere Male versetzt, 1979, 1981 und 1985. Er war stellvertretender US- Botschafter bei der Nato und Botschafter bei der KSZE; auch an der Aushandlung des Dayton-Friedensabkommens für Bosnien war er beteiligt. Peter Tautfest