: Keine Chance für binationale Paare
■ Ausländerbehörde will ein deutsch-costaricanisches Schwulenpärchen auseinanderreißen. Drei weitere Fälle vor Petitionsausschuß. Bündnisgrüne fordern eine klare Weisung des Innensenators
Der Absichtserklärung von Innensenator Jörg Schönbohm (CDU), daß die Ausländerbehörde bei der Aufenthaltserlaubnis für ausländische Partner von Lesben und Schwulen einen Ermessensspielraum nutzen kann, sind bislang keine Taten gefolgt. Im Mai hatte Schönbohm auf eine kleine Anfrage der bündnisgrünen Abgeordneten Ida Schillen zugesagt, MitarbeiterInnen der Ausländerbehörde „in geeigneter Weise“ auf die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts hinzuweisen. Dieses hatte bestätigt, daß bei der Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis für den gleichgeschlechtlichen Partner ein Ermessensspielraum bestehe.
Wie Schönbohms Sprecher Thomas Raabe mitteilte, seien die MitarbeiterInnen in einer Dienstbesprechung auf die kleine Anfrage hingewiesen worden. Doch seitdem ist der Ermessensspielraum noch in keinem Fall zugunsten der Paare genutzt worden. „An der Praxis der Ausländerbehörde hat sich nichts geändert“, stellt Rechtsanwalt Dirk Siegfried fest, der viele binationale Paare vertritt. Einem deutsch-costaricanischen Schwulenpärchen, das Anfang Juli einen negativen Bescheid erhielt, droht nun die Trennung. Mit diesem und drei weiteren Fällen wird sich im August der Petitionsausschuß des Abgeordnetenhauses befassen.
Damit ist Berlin eines der wenigen Bundesländer, das an einem restriktiven Kurs festhält. In Bayern erhielten vor kurzem zwei ausländische Schwule eine Aufenthaltserlaubnis, einer davon sogar eine Arbeitserlaubnis. Positive Entscheidungen sind auch aus dem CDU-geführten Sachsen und Baden-Württemberg bekannt sowie aus Nordrhein-Westfalen, Hamburg und Bremen.
Zu den Fällen, die dem Petitionsausschuß des Abgeordnetenhauses vorliegen, zählt auch ein deutsch-ungarisches Schwulenpaar. Sie hatten den korrekten Weg beschritten und einen Antrag bei der ungarischen Botschaft in Budapest gestellt. Doch die Ausländerbehörde stimmte dem Antrag nicht zu, obwohl ein Berliner Arbeitgeber großes Interesse hatte, den Ungarn zu beschäftigen. Ein deutsch-japanisches Pärchen klagt derzeit gegen den ablehnenden Bescheid. Obwohl der deutsche Partner an Aids erkrankt ist, komme auch ein gemeinsames Leben in Japan in Frage, meinte die Ausländerbehörde. Schließlich sei der deutsche Partner bereits in Rente. Da der japanische Partner wegen seiner Promotion eine befristete Aufenthaltserlaubnis hat, ist das Paar derzeit wenigstens nicht von der zwangsweisen Trennung bedroht.
Die bündnisgrüne Abgeordnete Ida Schillen setzt jetzt auf einen Parlamentsbeschluß. Damit soll Innensenator Schönbohm aufgefordert werden, der Ausländerbehörde eine klare Weisung zu erteilen. Nach einer Einzelfallprüfung sei im Grundsatz positiv zu entscheiden, fordert Schillen. Doch dafür muß die SPD-Fraktion mitziehen und einen Krach mit dem Koalitionspartner riskieren.
In der SPD-Fraktion hat sich zu der Problematik bereits eine interne Arbeitsgruppe gebildet, die nach Lösungswegen sucht. Der SPD-Abgeordnete Eckhardt Barthel sieht dringenden Lösungsbedarf. Es sei „unwürdig“, wenn den Betroffenen kein anderer Ausweg als die Scheinehe bleibe. Dorothee Winden
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