piwik no script img

Gericht verlangt Schreibrechtsreform

■ Für Rechtschreibregeln bedarf es nach Ansicht des hannoverschen Verwaltungsgerichts einer gesetzlichen Grundlage. Land legt Beschwerde ein

Hannover (taz) – Niedersachsens Schüler sollen von den neuen Rechtschreibregeln nun erst mal wieder auf die alten umsteigen. Dies will zumindest das Verwaltungsgericht Hannover, das gestern die Einführung der Rechtschreibreform an den niedersächsischen Schulen vorläufig für rechtswidrig erklärt hat. Das Verwaltungsgericht gab dem Eilantrag einer Mutter aus der Gemeinde Elsfleth statt, die ihre Tochter an einer Oldenburger Grundschule nicht nach den neuen Regeln unterrichtet sehen wollte.

Ähnlich wie bereits das Verwaltungsgericht Wiesbaden vermissen die hannoverschen Verwaltungsrichter eine gesetzliche Grundlage für die Änderung der Schreibregeln. Die Sprache und ihre Rechtschreibung seien von so elementarer Bedeutung für den Menschen, daß größere Eingriffe in das überkommene Regelwerk vom Gesetzgeber verantwortet werden müßten, begründete gestern die 6. Kammer des Verwaltungsgerichts ihre einstweilige Entscheidung. Die Kultusminister sind in den Augen der Kammer „nicht befugt“, die Schreibregeln zu ändern.

Niedersachsens Kultusminister Rolf Wernstedt, derzeit auch Chef der Kultusministerkonferenz (KMK), kündigte gestern sogleich Beschwerde beim Oberverwaltungsgericht Lüneburg gegen die erstinstanzliche Eilentscheidung an. Für den Fall, daß am Ende ein Bundesland letztinstanzlich vor Gericht gezwungen werde, eine gesetzliche Grundlage für die Schreibreform zu schaffen, kündigte Wernstedt ein bundesweit einheitliches Vorgehen an.

Das Kultusministerium hofft jetzt, daß das Oberverwaltungsgericht Lüneburg noch vor dem Ende der niedersächsischen Sommerferien in zweiter Instanz entscheidet. Mit der Einführung der neuen Rechtschreibregeln hat das Bundesland bereits vor einem Jahr begonnen. Die Erstkläßler werden seitdem obligatorisch nach den neuen Regeln unterrichtet. In allen Altersstufen werden die alten Regeln seit letztem Sommer nicht mehr intensiv eingeübt. Jürgen Voges

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen