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Begraben in Zimmer 2047

■ SPD läßt Marlene-Dietrich-Ehrung nun gänzlich scheitern. Eine traurige Posse

Montag abend, Rathaus Schöneberg, die Fraktionen tagen. Die SPD in Zimmer 2047, die Bündnisgrünen in Zimmer 2040. Kurz nach neun öffnet sich die Tür von 2047, auf den Flur tritt SPD-Fraktionschef Hanns Leske. Er schreitet hinüber, in Zimmer 2040, die Bündnisgrünen warten ungeduldig. Schon zweimal hatten sie bei der SPD angerufen: wie die Sache mit Marlene denn nun stehe. Zweimal waren sie mit „Geduld“ vertröstet worden –bis kurz nach neun. Dann verkündete SPD-Mann Leske im bündnisgrünen Zimmer: kine Mehrheit in seiner Fraktion für eine Umbenennung des Kaiser- Wilhelm-Platzes in Marlene-Dietrich-Platz. Damit stand fest: Der Heimatbezirk der Dietrich wird die Filmdiva nicht ehren. „Sehr bitter, schwere Niederlage“, so Leske am Morgen danach.

Für die Dietrich hatte er sich mächtig ins Zeug gelegt. Ein TV- Auftritt nach dem anderen, ein Foto nach dem anderen in der Zeitung. Zuletzt gab es eine große Spiegel-Geschichte – und viele Neider in seiner Fraktion. Von „einer Demontage Leskes“ ist nun die Rede, von SPD-Dissidenten, die die Gelegenheit genutzt hätten, dem eloquenten Fraktionschef eins auszuwischen. „An der SPD ist die Ehrung für Marlene Dietrich in Schöneberg gescheitert“, sagt Eberhard Landwehr, Fraktionschef der Bündnisgrünen. Geplant war, nach mehr als einem Jahr, dem Trauerspiel ein Ende zu bereiten –mit der Umbenennung des Kaiser-Wilhelm-Platzes. So sollte es von den Bündnisgrünen und der SPD in der BVV am 20. August beschlossen werden. Leske hatte stets in Aussicht gestellt, daß seine Fraktion dem zustimmen werde. Es kam anders.

„Die Initiative zur Ehrung von Marlene Dietrich geben wir an den Bezirk Tiergarten weiter“, sagt Landwehr. Das Bezirksamt Tiergarten hatte Mitte Juli beschlossen, einen Platz am Potsdamer Platz nach der Dietrich zu benennen. Dieser Antrag steht am 28. August auf der BVV-Tagesordnung. Jens Rübsam

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