: Quelle kauft bei Karstadt ein
Schickedanz, der Mutterkonzern des Versandhausriesen, übernimmt ein Fünftel des Kaufhausprimus für 1,5 Milliarden Mark. Sie wollen im Versandhandel und im Einkauf zusammenarbeiten ■ Von Matthias Urbach
Berlin (taz) – Der größte europäische Versandhändler steigt beim größten deutschen Kaufhauskonzern ein: Die Schickedanz-Gruppe mit ihrem Goldesel Quelle kauft ein Fünftel der Karstadt-Aktien. Die Unternehmen wollen künftig zusammenarbeiten, wie genau, bleibt noch unklar: Denkbar seien Kooperationen beim Einkauf und im ausländischen Versandhandel, erklärte Karstadt-Sprecher Ralf Beke- Bramkamp gestern.
Zwischen den Konzernen gibt es große Überschneidungen: Schickedanz besitzt Quelle, das ein Viertel des deutschen Versandhandels beherrscht – zu Karstadt gehört der Neckermann-Versand mit acht Prozent Marktanteil. Beide haben auch erfolgreiche Touristiktöchter: TUI (Schickedanz) und NUR (Karstadt).
Schon länger kursierten Gerüchte, daß die Deutsche Bank und die Commerzbank sich von ihren Anteilen (10 und 10,3 Prozent) an Karstadt trennen wollen. Bislang waren aber nur branchenferne Investoren im Gespräch – davon hätte Karstadt nur wenig gehabt. Mit Quelle dagegen sind nun Einsparungen durch die Kooperation möglich. Neben Schickedanz ist die Hertie-Stiftung mit 29,4 Prozent an Karstadt beteiligt, der Rest ist in Streubesitz. Schickedanz- Sprecher Andreas Neuner dementierte Übernahmepläne: „Das ist nicht das Ziel.“ Ein Aufstocken sei aber möglich. Über den Kaufpreis wurde nichts verraten – in Börsenkreisen wird der Wert des Aktienpakets auf 1,5 Milliarden Mark geschätzt.
Karstadt war in der jüngsten Zeit bei Börsenanalysten in Ungnade gefallen: Der Konzern hatte sich verhoben mit der Übernahme von Hertie vor drei Jahren. Der Gewinn halbierte sich im vergangenen Jahr, der Aktienkurs blieb hinter dem Dax zurück. Karstadt mußte Filialen schließen, 18 allein in diesem Jahr. Doch Kritiker warfen dem Management vor, konzeptlos vorzugehen. Im Frühjahr versuchte die Hertie-Stiftung, Karstadt-Chef Walter Deuss zu kippen – ohne Erfolg. Entsprechend schlecht ist die Stimmung. Nach der Übernahme stieg die Karstadt- Aktie um knapp zwei Prozent.
Karstadt leidet außerdem unter der Konsumflaute – wie auch Quelle. Vor drei Jahren hatte sich Quelle als fünftgrößtes Kaufhausunternehmen aus dem Geschäft verabschiedet. Inzwischen hat Karstadt Hertie und die Metro- Tochter Kaufhof Horten übernommen. Nun sichert sich Quelle Vorteile durch Neckermann. Schickedanz und Karstadt sind in bester Gesellschaft: Vergangene Woche genehmigte das Kartellamt die Übernahme von 49 Prozent am Versandhaus Baur durch den Otto-Versand.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen