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Die Menschen wollen Bürgerämter

■ Längere Öffnungszeiten, helle Warteräume, Führerscheine / Innenressort: Modelle sind kaum auf Innenstadt übertragbar

Die Menschen wollen länger geöffnete Ortsämter. Sie wollen sich beim Warten nicht auf düsteren Fluren herumdrücken. Außerdem wollen sie nicht für jedes Anliegen zu einem anderen Amt, sondern auf den Ortsämtern gleich noch Lohnsteuerfragen klären oder neue Führerscheine beantragen.

Diese naheliegenden Wünsche der BürgerInnen förderten Fragen zutage, die StudentInnen der Hochschule für öffentliche Verwaltung Anfang Juni 283 BesucherInnen von drei Bremer Ortsämtern gestellt hatten.

Das Innenressort hatte die Umfrage in Auftrag gegeben, um die Anforderungen der Menschen an Bürgerämter zu erkunden. Denn die Ämter in Blumenthal, Vegesack und Horn haben sich im Rahmen eines Modellversuchs auf den Weg zum Bürgeramt gemacht. Ziel der Innenbehörde ist es, noch bis zum Ende der Legislaturperiode ein Modell zu entwickeln, das auf das ganze Stadtgebiet übertragbar ist.

Die Mehrheit der Befragten bezeichnete die MitarbeiterInnen in den Ämtern als freundlich, kompetent und hilfsbereit. Innensenator Ralf Borttscheller (CDU) hob bei der Vorstellung der Ergebnisse besonders die kurzen Wartezeiten hervor. 37 Prozent der Befragten wartete weniger als fünf, weitere 38 Prozent weniger als zehn Minuten. Diese Zeit war den Menschen aber offensichtlich nicht angenehm: Es gebe in den Ortsämtern keine Spielecken, es sei zu dunkel, außerdem würden keine Getränke oder Lesestoff angeboten.

Wenn sie dann an der Reihe sind, gaben die meisten BürgerInnen an, ihre Sachbearbeiter leicht gefunden zu haben. Nur mit dem Ausfüllen der oft komplizierten Formulare hatten viele Schwierigkeiten und erhielten nicht die gewünschte Hilfe.

Gerne würden die BremerInnen in ihrem Ortsamt Informationen und Formulare anderer Behörden mitnehmen können. Ferner möchten sie dort ihre Steuererklärungen abgeben oder ihr Auto anmelden. Diese Dienstleistungen aus einer Hand anzubieten, ist Ziel des Weges „Vom Ortsamt zum Bürgeramt“, den MitarbeiterInnen in Vegesack, Horn und Blumenthal freiwillig beschritten haben.

Innensenator Borttscheller wertete die Ergebnisse der Umfrage als Unterstützung für seine Reformziele. Seine frühere Meinung, den BürgerInnen sei mit einer zentralen Verwaltungsstelle besser gedient, hat der Christdemokrat radikal revidiert. „Jetzt vertrete ich forsch das Gegenteil“. Mit der modernen Datentechnik sei Service zu den verschiedenen Bereichen auch dezentral möglich. Die Ortsamts-MitarbeiterInnen müßten zu „omnipotenten Sachbearbeitern“geschult werden, die in allen Gebieten helfen könnten.

Borttschellers Beamter Jens Knudsen räumte aber ein, daß es problematisch sein dürfte, die Modell-Ergebnisse aus den Außenbezirken auf die Ortsämter der Innenstadt zu übertragen.

Denn etwa in Mitte seien Meldestelle, Sozialhilfestelle und das politische Ortsamt getrennt. Hier könnte man den Menschen einen vergleichbaren Service bieten, wenn man etwa im vom Senat gekauften Siemens-Hochhaus am Hauptbahnhof ein zentrales Amt einrichten würde, wo alle Behördengänge unter einem Dach zu erledigen sind. jof

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