Martini-Kirche zutiefst erschüttert

■ Hausbesitzer an Bremer Schlachte fürchten um ihre Gebäude / Grund: Beim Schlachte-Ausbau muß eine Spundwand in die Weser getrieben werden / Behörde gibt Entwarnung

Hausbesitzer an Bremens Uferpromenade Schlachte fürchten um ihre zumeist denkmalgeschützten Häuser. Die Gebäude stehen nur knapp 30 Meter vom Weser-Ufer entfernt. Dort soll noch in diesem Jahr mit dem Schlachte-Ausbau begonnen werden. Um die Uferpromenade zu verbreitern, muß zwischen der Wilhelm-Kaisen- und der Bürgermeister-Smid-Brücke eine Spundwand in die Weser getrieben werden, die Erschütterungen davon könnten den Häusern gefährlich werden. (vgl. Interview Seite 18)

Klaus Erdmann, Eigentümer des Hauses Schlachte 1: „Die Erschütterungen für die Häuser hängen natürlich vom Weser-Untergrund ab. Ich selbst habe schon erlebt, daß so eine Spundwand wie ein Messer in die Butter getrieben wurde. Es kann aber auch anders ausgehen.“Auch bei der Martini-Gemeinde ist man inzwischen hellhörig geworden. „Unser Gemeindevorstand hat an die Stadt geschrieben, um die Sache vorab zu klären. Sonst passiert nachher das gleiche wie in Lübeck. Dort haben sich in der Marienkirche Setzrisse gebildet, weil nebenan Rammarbeiten für ein neues Karstadt-Haus durchgeführt wurden“, sagt Pastor Motschmann. Heinz-Siegfried Drefahl, Bauherr der Gemeinde ergänzt: „Ich will vorwegschicken: Wir sind absolut für die Erschließung der Schlachte.“Dennoch müsse sich die Kirche gegen mögliche Schäden wie etwa Fassadenrisse absichern.

Schlachte-Projektleiter Harm Häger vom Bremer Hafenamt bestätigt, daß die Martini-Gemeinde Bedenken angemeldet hat. „Dazu gibt es einen Erörterungstermin.“Danach werden vereidigte Gutachter eine umfangreiche Beweissicherung vornehmen. „Diese Fotos und Gipsplomben an den Häusern dienen dann später als Grundlage, falls es doch zu Schäden gekommen ist. Das kann man nie ausschließen“, erläutert Häger.

Um das Risiko zu minimieren, haben Experten bereits umfangreiche Probearbeiten durchgeführt. „Am meisten ist natürlich die alte, denkmalgeschützte Hafenmauer gefährdet“, erzählt Projektleiter Häger, „weil sie den Spundarbeiten einfach am nächsten steht.“Die Mauer sei aber als standsicher eingestuft worden. Dennoch wurden auch die Gebäude mit in die Gutachten einbezogen. „Das hat ergeben, daß wir eigentlich die Spundwand in den Boden rammen könnten. Um aber auf Nummer sicher zu gehen, haben wir uns für das vibrationsärmere Rüttelverfahren entschieden“, so Häger. Die Martini-Gemeinde kann er vollauf beruhigen. Die Messungen haben ergeben, daß der LKW-Verkehr auf der Martini-Straße mehr Erschütterungen erzeugt, als das geplante Einrütteln der Spundwand. „Damit kann ich ausschließen, daß der Kirchturm bei den Bauarbeiten in die Weser fällt“, so Häger.

Mit der Spundwand soll die Promenade von vier auf knapp neun Meter verbreitert werden. Zusätzlich ist sie nötig, um neue Anleger für Vergnügungsdampfer zu schaffen. „Wenn die an Pontons anlegen, ragen sie bereits in die Fahrrinne. Also brauchen wir die Spundwand, um das Wasser am Ufer vertiefen zu können“, so Häger.

Insgesamt 20 Dampfer sollen künftig Platz haben an dem 1,5 Kilometer langen Weser-Stück. Zusätzlich sind mehrere Lokale vorgesehen, darunter ein Biergarten mit 300 Sitzplätzen. Die Kosten umfassen 38,16 Millionen Mark. Der Hauptteil kommt aus dem Wirtschaftsstrukturpolitischen Aktionsprogramm für Bremen und EU-Mitteln. Die Bauzeit beträgt etwa vier Jahre. Jens Tittmann