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■ Die Steuerfahndung bringt Leo Kirch in BedrängnisDie besseren Medienkontrolleure

Er hat alles überstanden. Deutschlands Medienherrscher Leo Kirch hatte bei seinem kometenhaften Aufstieg jahrelang gute Freunde an seiner Seite, wenn es gerade eng wurde. Mal war es das ZDF, mal waren es die Banken, dann die bayerische Staatsregierung und die dortige Medienbehörde. Und am Ende sprang der Bertelsmann-Konzern dem angeschlagenen Mogul bei. Jahrelang hat Kirch das Medienrecht, das geschaffen wurde, im Medienmarkt einen Rest von Meinungsfreiheit zu sichern, geflissentlich ignoriert. Es hat ihm bei seinen Protektoren aus der Politik nie sonderlich geschadet.

Doch diesmal könnte es tatsächlich gefährlich werden. Obwohl es olle Kamellen sind, deretwegen die Münchner Staatsanwaltschaft seit eineinhalb Jahren gegen Kirch ermittelt und deretwegen am Wochenende Schweizer Ermittler drei Firmen durchsuchten. Der Deal, bei dem Kirch seinem Schweizer Partner, dem Multimilliardär Otto Beisheim, 1989 einen Teil seines Filmstocks überließ, damit dieser ihn anschließend mit sattem Gewinn an die Kirch-beherrschten Sender Sat.1 und Pro 7 zurückverkaufte, galt bislang als eine der üblichen Kirch-Finessen. Kaum Beweise, aber viel Stoff für dunkle Geschichten. Allein die Tatsache, daß bayerische Staatsanwälte nun ermitteln, daß die diskreten Schweizer Behörden Firmen durchsuchen, zeigt die Brisanz der Sache. Wenn die Ermittler Kirch tatsächlich hinterzogene Steuern in Höhe von 400 Millionen Mark nachweisen, können ihm keine Freunde mehr helfen. Dagegen wäre Papa Graf ein Bagatellkrimineller.

Doch es ist äußerst fraglich, ob es den Steuerfahndern gelingt, den Kirch-Nebel zu lichten, der die ganzen Jahre Medienwächter und Rechercheure verzweifeln ließ.

Spanien, Italien, nun auch Deutschland – in ganz Europa forschen jetzt die Ermittler den Kirch- und Kirch/Berlusconi-Connections der frühen 90er nach. Doch die Skrupellosigkeit, mit der die Mogule damals Mediengesetze umgingen, ist überall längst sanktioniert worden, indem die fraglichen Konzentrationsgrenzen einfach abgeschafft wurden. Die ungehemmte Entfaltung, die Kirch wollte, hat er sich im Verein mit Bertelsmann und Telekom hierzulande längst verschafft. Nun bekommt Kirch möglicherweise Schwierigkeiten – in steuerlicher Hinsicht. Steuerfahnder sind dieser Tage noch die einzigen effektiven Medienkontrolleure. Lutz Meier

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