■ Mit dem Bankgeheimnis auf du und du: Noch ziemlich geheim
„Fatale Hiobsbotschaften“ verkündet die Wirtschaftspresse. Der Bundesfinanzhof kassiere gerade „den letzten Rest Bankgeheimnis“, Waigel mache Jagd auf Geldanleger. Reichlich übertrieben: Daten über Geldvermögen sind in Deutschland nach wie vor ziemlich geheim, geheimer als die Daten von Arbeitslosen.
Das sogenannte Bankgeheimnis wird vor allem durch den Paragraphen 30a der Abgabenordnung (AO) gewährleistet. Dieser fordert, daß die Finanzbehörden „auf das Vertrauensverhältnis zwischen den Kreditinstituten und deren Kunden besondere Rücksicht zu nehmen“ haben. So dürfen Finanzbehörden keine Auskünfte über Kundenkonten verlangen – es sei denn, dazu bestehe ein „strafrechtlicher Anfangsverdacht“ oder „hinreichend begründeter Anlaß“.
Ein jüngeres Urteil des Bundesfinanzhofes (BFH) in München sorgte jedoch für Aufregung: Laut BFH-Urteil sind Mitteilungen von Banken-Betriebsprüfern an die Finanzämter von Bankkunden erlaubt, sofern die „allgemeine Erfahrung“ erwarten ließe, hier könnte Steuerhinterziehung vorliegen. Der Bundesverband deutscher Banken warnte sogleich, der Begriff der „allgemeinen Erfahrungen“ dürfte keinesfalls Anlaß zu Rasterfahndungen geben, etwa so, daß pauschal alle Vermögensmilliardäre auf Steuerehrlichkeit überprüft werden. Ermittlungen „ins Blaue“ sind laut BFH- Rechtsprechung untersagt.
Das leicht ramponierte Bankgeheimnis bleibt – und mit ihm der dazugehörige verfassungsrechtliche Konflikt. Das Bundesverfassungsgericht urteilte nämlich 1991, daß dem Deklarationsprinzip in der Steuergesetzgebung ein „Verifikationsprinzip“ folgen muß. Im Klartext: Die Steuerehrlichkeit von Kapitalanlegern muß überprüfbar sein. Das Bankgeheimnis schützt Kapitalerträge vor der direkten steuerlichen Kontrolle, während die Steuern auf Arbeitnehmergehälter vom Arbeitgeber abgezogen werden.
Würde das Bankgeheimnis weiter eingeschränkt, befürchten Finanzexperten jedoch einen noch größeren Kapitalabfluß ins geheimnissichere Ausland. Den „schier unlösbaren Zielkonflikt zwischen Steuerpolitik und Kapitalmarktpolitik“ beklagt daher der Kommentator des Paragraphen 30a der Abgabenordnung. Bisher siegte die Kapitalmarktpolitik. Barbara Dribbusch
Eine Koalition, die was bewegt: taz.de und ihre Leser:innen
Unsere Community ermöglicht den freien Zugang für alle. Dies unterscheidet uns von anderen Nachrichtenseiten. Wir begreifen Journalismus nicht nur als Produkt, sondern auch als öffentliches Gut. Unsere Artikel sollen möglichst vielen Menschen zugutekommen. Mit unserer Berichterstattung versuchen wir das zu tun, was wir können: guten, engagierten Journalismus. Alle Schwerpunkte, Berichte und Hintergründe stellen wir dabei frei zur Verfügung, ohne Paywall. Gerade jetzt müssen Einordnungen und Informationen allen zugänglich sein. Was uns noch unterscheidet: Unsere Leser:innen. Sie müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 50.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Es wäre ein schönes Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen