: Goliath auf dem Rückzug
Die Bürger von Iba verhindern die Freisetzung von genmanipuliertem Raps. Der US-Konzern Monsanto sagt den Versuch zunächst ab ■ Von Johannes Bernreuter
Berlin (taz) – Der US-Chemiekonzern Monsanto hat die für gestern morgen geplante Aussaat von genmanipuliertem Raps im hessischen Iba bei Bebra vorerst gestoppt. Die deutsche Niederlassung in Düsseldorf reagierte mit dieser Entscheidung in der Nacht zum Freitag auf ein Schreiben des Bebraer Bürgermeisters Horst Groß (CDU), der angesichts der anhaltenden Bürgerproteste Monsanto gebeten hatte, auf den Freilandversuch zu verzichten.
Das für die Aussaat vorgesehene Feld halten Gentechnik-Gegner seit 18. August Tag und Nacht besetzt. Monsanto-Sprecher Helmut Wagner erklärte gegenüber einem Journalisten des Hessischen Rundfunks, das Unternehmen werde 1997 keinen Genraps mehr in Iba aussäen. Man sehe deshalb keinen Grund, warum das Feld am Montag noch besetzt sein sollte.
Die Gegner wollen jedoch erst abziehen, wenn Monsanto schriftlich erklärt, auf den Versuch endgültig zu verzichten, sagte gestern der Bebraer Grünen-Chef Stefan Engel. Er wertete den Schritt von Monsanto als einen „taktischen Teilrückzug“. Das Vertrauen der Bevölkerung in den Chemiekonzern sei dadurch „in keinster Weise gestiegen“.
Am Dienstag abend hatten rund 280 Bürgerinnen und Bürger in der Turnhalle von Iba über vier Stunden lang mit Vertretern von Monsanto und vier unabhängigen Wissenschaftlern diskutiert. Am Ende der Veranstaltung war ein CDU- Mitglied aufgestanden und hatte es als Schande bezeichnet, daß der anwesende Bürgermeister Horst Groß keinen Mut zur Stellungnahme gefunden habe. Darauf gab es stehende Ovationen im Saal.
Nachdem am Tag darauf auch der Ibaer Ortsvorsteher Günther Hobert (CDU) von Bürgern bedrängt worden war, gab Groß seine hinhaltende Taktik auf und faxte am Donnerstag ein Schreiben an Monsanto mit der Bitte, auf den Freilandversuch zu verzichten. Begründung: „Durch einen solchen Verzicht würden Sie einen erheblichen Beitrag zur Wahrung des friedlichen Zusammenlebens in unserem Stadtteil Iba leisten.“
Den geplanten Freisetzungsversuch hatte das Robert-Koch-Institut in Berlin im Rahmen eines sogenannten „vereinfachten Verfahrens“ genehmigt, bei dem die Öffentlichkeit nicht angehört wird. Monsanto will in Iba und 19 weiteren Orten in Deutschland einen gentechnisch veränderten Raps testen, der gegen das Unkrautvernichtungsmittel „Roundup Ultra“ des Konzerns resistent sein soll. Nach Angaben der gentechnikpolitischen Sprecherin der Bündnisgrünen im Bundestag, Marina Steindor, gibt es in Australien bereits ein Gras, gegen das „Roundup“ nichts mehr ausrichtet.
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