: Neue Entlassungswelle bei Eduscho
■ Einkauf wird zu Tchibo nach Hamburg verlagert / Versand blutet stärker als bisher bekannt / Betriebsrat schweigt / 150 verlorene Jobs sind laut Gewerkschaft „nicht Ende der Fahnenstange“
Bremen verliert wieder mindestens 150 Arbeitsplätze in einem Großunternehmen. Die Bremer Eduscho-Zentrale streicht weit mehr Stellen als bisher bekannt war. Die Abteilung Einkauf wird nach Hamburg zum neuen Besitzer Tchibo verlegt. 83 MitarbeiterInnen des Bremer Kaffeerösters verlieren ihren Job oder müssen, wenn sie dort benötigt werden, nach Hamburg pendeln. Was mit den hundert weiteren Einkaufs-KollegInnen geschieht, sei noch unklar, so eine Sprecherin von Tchibo.
Auch der Versand von sogenannten „Non-Food-Produkten“muß stärker bluten als bisher eingeräumt wurde. Statt der bislang bestätigten 26 gestrichenen Jobs sind nach Angaben der Gewerkschaft Nahrung Genuß Gaststätten (NGG) 77 MitarbeiterInnen vom Jobverlust betroffen. Eduscho beschäftigt in Bremen nach Angaben des Betriebsrats 1.200 Menschen, bundesweit sind es 4.700.
Die Gewerkschaft warnt alle Beschäftigten, ohne Rücksprache mit Rechtsberatern Aufhebungsverträge zu unterschreiben und damit eventuell auf Ansprüche zu verzichten. Die meisten der Gekündigten hätten als langjährige Eduscho-MitarbeiterInnen Kündigungsfristen von bis zu sechs Monaten. Der Stellenabbau sei „noch nicht das Ende der Fahnenstange“, sagt NGG-Mann Matthias Brümmer. Sämtliche übergeordnete Funktionen wie EDV oder Einkauf würden tendenziell an einer Stelle zusammengelegt werden: Bei Tchibo in Hamburg.
Das neue Eduscho-Management hat von Tchibo den Auftrag, die bisher jährlich angefallenen Verluste in dreistelliger Millionenhöhe zu beseitigen. Die hatte die alte Geschäftsleitung angehäuft, während Konkurrent Tchibo trotz des schwierigen Kaffeemarktes noch leichte Gewinne macht. Vorbesitzer Schopf hatte im Herbst 1996 seine Firma für 200 Millionen Mark an Tchibo verkauft.
Vom Eduscho-Betriebsrat, der von gewerkschaftsunabhängigen Belegschaftsvertretern dominiert wird, war gestern keine Stellungnahme zu dem massiven Personalabbau zu erhalten. „Ich war eine Woche im Urlaub und kann nichts sagen“, so der Vorsitzende Friedrich-Wilhelm Marx. „Hier steht ein Betrieb zur Sanierung an“, sagte ein Belegschaftsvertreter. Immerhin werde Eduscho als eigene Kaffee-Filialkette erhalten bleiben.
Der Betriebsrat spielt offenbar ein doppeltes Spiel: Betriebsratschef Marx hatte noch Mitte August gegenüber der taz bestritten, daß es einen Sozialplan für die Eduscho-Mitarbeiter gebe. Wie das Unternehmen hatte er von 26 Kündigungen gesprochen. Wie sich jetzt herausstellt, trifft es aber 77 MitarbeiterInnen aus den Bereichen Merchandising, Versand und Außenrevision. Der NGG liegt ein Sozialplan mit Marx's Unterschrift vom 4. August vor.
Ob es für den Verlust von Eduscho-Arbeitsplätzen eine Kompensation gibt, indem der gemeinsame Versand von Tchibo und Eduscho im ehemaligen Postamt 5 am Bremer Hauptbahnhof zusammengezogen wird, ist weiterhin unklar. Bei der Firma Oppermann in Neumünster, die bisher für Tchibo als Subunternehmer den Versandhandel betreut, weiß man nichts von einer Änderung der Geschäftsgrundlage. „Wir haben einen Vertrag mit Tchibo“, sagt der Geschäftsführer. Die Hamburger seien eine „seriöse Firma“, die Verträge auch einhalte.
Joachim Fahrun
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