: Plutonium ins All – nein danke!
■ Nasa will eine Saturnsonde mit 23 Kilo Plutonium an Bord ins All schießen. Kritiker protestieren bei Clinton
Washington (taz) – „Niemand kann ausschließen, daß Millionen mit Plutonium in Berührung kommen“, warnt Alan Kohn. Er spricht nicht von einem Atomkraftwerk, sondern von der Saturnsonde Cassini: Die wird für ihre Stromversorgung Batterien mit 23 Kilo Plutonium ins All schleppen. Bei einem Absturz könnte sich das hochgiftige Plutonium fein in der Atmosphäre verteilen (taz vom 13.5. 97).
Kohn ist pensionierter Notfallingenieur der Nasa und war jahrelang zuständig für Katastrophenpläne. Er ist Kronzeuge der Cassini-Gegner, die vorgestern versuchten, 40.000 Unterschriften zusammen mit einem Brief an Bill Clinton im Weißen Haus abzugeben. Denn der Präsident hat das letzte Wort über den Start der Mission, die für Mitte Oktober geplant ist. Doch die Wachen am Tor lehnten die Annahme ab, und vier der 40 Cassini-Gegner wurden festgenommen, als sie trotz Aufforderung den Bürgersteig vor dem Weißen Haus nicht räumten.
Zwar mußte der Start von Cassini aufgrund eines Lecks im Treibstofftank um etwa eine Woche verschoben werden, doch die Nasa hält an ihrem Plan fest, die sechs Tonnen schwere Sonde Richtung Saturn abzuschießen. Doch das Plutonium-238 in der Stromversorgung ist ein Supergift, das auch noch in Dosen von einem Millionstel Gramm tödlichen Krebs auslösen kann. „Es gibt keinen Computer, mit dem man menschliches Versagen und Konstruktionsfehler durchrechnen kann“, kritisierte Michio Kako, Physikprofessor aus New York, vorgestern auf der Pressekonferenz der Cassini-Gegner die Nasa-Sicherheitsstudie. Die benutze die Methoden der AKW-Betreiber, und die hätten die Katastrophen von Harrisburg und Tschernobyl auch nicht vorhersehen können. Mit einem sparsameren Design könnte die Sonde auch mit Solarzellen betrieben werden. Notfalls wollen die Cassini-Gegner am 4. Oktober die Abschußrampe in Cape Canaveral besetzen, um den Start zu verhindern. Peter Tautfest
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen