: Auch Philosophen können glücklich sein
■ Manuel Fontán del Junco ist der neue Leiter des Instituto Cervantes / Er tritt damit die Nachfolge von Ignacio Olmos an, der als Leiter an das Münchener Cervantes-Institut gewechselt ist
Die Rolle desjenigen, der befragt wird, befremdet ihn ganz offensichtlich noch. In den vergangenen drei Jahren hat Manuel Fontán del Junco als Chefredakteur der spanischen Zeitschrift „Nueva Revista“KünstlerInnen und PhilosophInnen nach ihren Positionen befragt. Nun, in seiner neuen Rolle als Leiter des Instituto Cervantes, wird er sich daran gewöhnen müssen, eher auf Fragen reagieren zu müssen statt sie zu stellen.
Seit wenigen Tagen ist der 34jährige im Amt, in Bremen ist er erst zum zweiten Mal in seinem Leben. „Mein erster Besuch war im Juli, um das Institut und die zehn MitarbeiterInnen zu treffen.“Andere Teile Deutschlands kennt der gebürtige Andalusier aus Jerez hingegen schon besser. In Münster hat er Anfang der 90er Jahre studiert und eine Promotion über „Die Bedeutung des Ästhetischen in Kants Kritik der Urteilskraft“geschrieben. Im Anschluß an diesen zweijährigen Deutschlandaufenthalt kehrte er nach Spanien zurück, um schließlich 1994 nach Madrid zu wechseln als Mitarbeiter der „Nueva Revista“.
Das Angebot, eines der beiden Cervantes-Institute in Deutschland zu leiten, kam völlig überraschend. „Bis Mai dieses Jahres hatte ich keinerlei Kontakte zu dem Institut.“Nur drei Monate später sitzt er an seinem neuen Schreibtisch am Schwachhauser Ring, in dessen Hintergrund ein Photo des spanischen Königspaars hängt. Sein guter Ruf als Kunstkritiker, Übersetzer von Peter Sloterdijk und Kenner der Postmoderne war sicherlich nicht unschuldig daran, daß sein Name bei der Besetzung der Nachfolge von Ignacio Olmos (er wechselt an das Münchener Cervantes-Institut) ins Spiel kam. „Als Philosoph“, bemerkt er schmunzelnd, „wird man offensichtlich entweder alles Mögliche oder gar nichts.“
Auch wenn er in Zukunft viele administrative Tätigkeiten für sein Institut übernehmen muß, will er sich von seiner philosophischen Vergangenheit nicht vollständig abnabeln. Nicht nur, weil er momentan an einer Studie über den russischen Philosophen Michail Bachtin arbeitet, sondern weil er es für ausgeschlossen hält, ein Amt im Kulturbereich auszufüllen, ohne sich ständig mit neuen Theorien und Positionen auseinanderzusetzen. „Im kulturellen Kontext zu arbeiten, ohne zu forschen, zu lesen und zu schreiben, führt mit der Zeit zu einem Moment, wo man nichts mehr zu sagen hat und von Antiquitätenverwaltung lebt.“So aber sei man offen für Neues, entwickele neue Fragestellungen. Auch mit Blick auf Bremen?
Manuel Fontán del Junco fragt sich nach seinen ersten Tagen in der Stadt vor allem, „was das ist, was man 'das Hanseatische' nennt?“. Eine Frage, auf die nur ein Philosoph kommen kann. Und die wohl auch nur ein Philosoph mit „der feine Stolz über die eigene Freiheit“beantworten kann.
Womöglich rührt diese existentialistische Stimmung aber von viel profaneren Dingen her. del Junco lebt – „so man das Leben nennen kann“– momentan wie dereinst Diogenes in der berühmten Tonne. Eine Matratze in einem leeren Haus in Schwachhausen nennt er sein Zuhause. Ein Grund dafür, warum er zur Zeit gerne und lange in seinem Büro sitzt und darüber nachdenkt, wie sich die nächsten Wochen gestalten werden. Ein Fahrrad will er sich kaufen (“ohne Fahrrad ist man hier wie in Münster unbeweglich“), und der ein oder andere Gedanke über das Programm für das neue Jahr wird hinter der braungebrannten Stirn ebenfalls umherfahren. Philosophie (natürlich!), Kunst und Literatur aus Spanien und Lateinamerika sollen in Zukunft im Mittelpunkt stehen, darüber hinaus will er die erfolgreiche Arbeit seines Vorgängers weiterführen und sich der Öffentlichkeitsarbeit widmen. Sein erstes Interview überhaupt hat er jedenfalls mit Charme und Bravour bestritten. zott
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen