: Salomonisches Urteil
■ Sowohl Ungarn als auch die Slowakei haben beim Bau des Kraftwerks Gabčikovo Verträge gebrochen
Den Haag (AP/taz) – Im Streit um das große Donaukraftwerk an der slowakisch-ungarischen Grenze haben beide Staaten internationales Recht gebrochen. Zu diesem Urteil kam gestern der Internationale Gerichtshof in Den Haag. Sowohl der Ausstieg Ungarns aus dem Bauvertrag 1989 als auch der einseitige Weiterbau der Slowakei seien rechtswidrig gewesen. Der Weltgerichtshof rief beide Staaten auf, künftig vertrauensvoll zusammenzuarbeiten, um den Streit beizulegen.
Ungarn und die damalige Tschechoslowakei schlossen 1977 den Vertrag zum Bau des Kraftwerks. Der Staudamm, gegen den Umweltschützer stets heftig protestierten, war auf Energiegewinnung und die Regulierung der Donau ausgerichtet. Nach der Wende beendete Ungarn die Bauarbeiten auf seiner Flußseite bei Nagymaros. Dagegen klagte die Slowakei, die den Damm bei Gabčikovo einseitig fertigstellte. Dagegen wiederum klagte Ungarn, da es eine Verletzung des Vertrags von Paris von 1947 sah, der die ungarisch- tschechoslowakische Grenze in die Mitte des Flusses legte.
Der Gerichtshof empfahl beiden Ländern Neuverhandlungen, um „unter Berücksichtigung der bestehenden Lage“ die „Ziele des Vertrags von 1977“ zu verwirklichen. Die gegenseitigen finanziellen Ansprüche sollten fallengelassen werden. Ungarn wurde verurteilt, sich an den Bau- und Betriebskosten für Gabčikovo zu beteiligen. Doch auch die Umweltverträglichkeit des Projekts sollte erneut überprüft werden. Man müßte sich darüber verständigen, wieviel Wasser in das alte Flußbett der Donau zurückzuleiten sei. Die Entscheidungen des Gerichtshofs sind auf die freiwillige Umsetzung der UN-Mitgliedsstaaten angewiesen.
Der slowakische Vertreter bei dem Gerichtsverfahren, Peter Tomka, sprach von einem Erfolg für sein Land. Er zeigte sich zuversichtlich, daß eine Einigung mit Ungarn möglich sei. György Szenasi, Leiter der ungarischen Delegation, wertete die Entscheidung ebenfalls positiv. Das Urteil könne eine Basis für eine Übereinkunft zwischen beiden Ländern bilden, die wiederum die Lösung der Probleme in der Region erlaube. Bericht Seite 6
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