: Nicht ohne unsere Knackpunkte
Die geheimen GAL-Verhandlungspapiere: Brunsbüttel abschalten, HEW behalten, 1000 Lehrstellen, mehr Polizeireviere ■ Von Silke Mertins
In drei dicken Aktenordnern ist abgeheftet, was in der GAL als geheime Kommandosache gehandelt wird: die Verhandlungspapiere für die am Mittwoch beginnenden Gespräche mit der SPD über eine rotgrüne Koalition. Zu jedem Politikbereich wurden umfangreiche Entwürfe erarbeitet, die bereits einen Vertragstext, die Kosten und die möglichen Gegenargumente der SPD enthalten.
Im Vorfeld hatte Haushaltsexperte Willfried Maier die „mitbastelnden“GALier zu monetärem Realismus gemahnt. Nur so viele „Ausgabewünsche“sollten konkretisiert werden, „wie wir an anderer Stelle wegschneiden wollen“.
Einer der Knackpunkte für die Koalitionsverhandlungen dürfte ein großes Problem für die Stadtkasse und die SPD darstellen. Die GAL will keine weiteren Anteile an den Hamburgischen Electricitäts-Werken (HEW) verkaufen, um den energiepolitischen Einfluß nicht zu verlieren. Denn den wird man brauchen, um das AKW Brunsbüttel – langfristig – abzuschalten. Statt weitere HEW-Anteile zu versilbern sollen Hafensubventionen gekürzt werden.
Billiger wird hingegen die altgrüne Forderung, die Straßenbahn (neudeutsch: Stadtbahn) wieder einzuführen. Hier will sich die GAL mit der SPD darauf verständigen, die Vorbereitungen – das Planfeststellungsverfahren – in dieser Legislaturperiode abzuschließen. Für den Bereich „Schule und Berufsbildung“jedoch wird man Geld ausgeben müssen. Mit einem „1000-Plätze-Programm“sollen umgehend Ausbildungsmöglichkeiten geschaffen werden. 400 allein durch „Zuschüsse zu den Ausbildungskosten für Betriebe und Ausbildungsverbünde“. Sieben „Regiestellen“sollen neue Ausbildungsplätze „paßgenau“für Jugendliche akquirieren. Pro Jahr werden dafür acht Millionen Mark veranschlagt. Kosten gespart werden könnten dagegen bei der „Verläßlichen Halbtagsgrundschule“. Die Einführung soll „auf vier Jahre gestreckt“werden und damit 50 Lehrerstellen überflüssig machen.
Auch dem dominierenden Wahlkampfthema Innere Sicherheit stellen sich die Grünen. So wollen sie, ähnlich wie die CDU, die Zahl der Polizeireviere erhöhen, um einen „quartiersnahen Polizeidienst“zu gewährleisten. Um Konflikten wie im Schanzenviertel zu begegnen, sollen sieben „Sicherheitskonferenzen“eingeführt werden. Als Kosten sind „eine Mark pro Einwohner“veranschlagt.
Die Lage in den von der Drogenszene belasteten Stadtteilen soll zudem durch vier weitere Fixerstuben (2 Mio. Mark) und die Sicherstellung des Methadonprogramms (10 Mio. Mark) entlastet werden. Um sich nicht mit einer widerspenstigen Staatsanwaltschaft herumschlagen zu müssen, soll der Generalstaatsanwalt „die Stellung eines politischen Beamten“erhalten.
Bei der Migrations- und Flüchtlingspolitik wird die SPD über hohe Hürden springen müssen. Die GAL verlangt, die Beschlüsse der deutschen Innenminister zur Bosnienpolitik „nicht als bindend“anzuerkennen. Bei Abschiebungen und Aufenthaltstiteln sollen alle Spielräume ausgenutzt werden. Eine „Härtefallkommission“wird „zur Klärung und Schlichtung strittiger Aufenthaltsbeendungen eingerichtet“. Das Antidiskriminierungsgesetz soll allerdings nur in Teilen umgesetzt werden (Förderprogramm).
Am schönsten aber ist immer noch die Forderung nach einem Polizeibeauftragten. Er soll durch Auflösung des Polizeiorchesters (4 Mio. Mark) finanziert werden.
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