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Schüsse über die Mauer

■ Westangeklagter zu fünf Jahren Haft für Mordversuch an DDR-Grenzposten verurteilt

Berlin (dpa) – Im ersten Prozeß um Schüsse aus dem Westen auf eine DDR-Grenzpatrouille hat das Berliner Landgericht gestern einen 70jährigen wegen heimtückischen Mordversuchs zu fünf Jahren Haft verurteilt. Der Angeklagte hatte nach Überzeugung der Richter aus Haß auf Kommunisten am 9. Juli 1970 von Wannsee aus über die Mauer gezielt auf die beiden DDR-Grenzposten gefeuert. Insgesamt muß der 70jährige eine Haftstrafe von 13 Jahren und sechs Monaten verbüßen, weil er in München bereits wegen Mordversuchs an zwei Polizisten schuldig gesprochen worden war.

Der Staatsanwalt hatte für die Schüsse an der Mauer zwölf Jahre Haft wegen zweifachen versuchten Mordes gefordert. Unter Berücksichtigung des Mordversuchs an den bayerischen Polizisten hatte er auf eine Gesamtstrafe von 14 Jahren und sechs Monaten plädiert.

Der gebürtige Berliner, der wegen seiner politischen Aktivitäten als NPD-Mitglied zehn Jahre in der DDR im Zuchthaus gesessen hatte, bestritt im Prozeß jegliche Tötungsabsichten. Er habe von dem selbstgebauten Podest aus mit seiner Maschinenpistole auf die Reifen des Kübelwagens gezielt, weil er die Soldaten „symbolisch entwaffnen“ wollte, um gegen die Mauermörder zu protestieren.

Für die Strafkammer ist diese Version aufgrund der Einschußlöcher in dem Trabi-Kübelwagen widerlegt. Eine der Kugeln hatte den Fahrer nur knapp verfehlt. Nach Feststellungen des Gerichts waren beide Soldaten durch den Überraschungseffekt in der Dunkelheit völlig arg- und wehrlos.

Ein 61jähriger Mitangeklagter, der mit einer Taschenlampe über die Mauer geleuchtet hatte, wurde zu einer einjährigen Bewährungsstrafe wegen Beihilfe verurteilt.

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