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Mit dem Auge durch die Kapitalistenseele

■ Wohliges Knistern: „Hundspost – Zeitung für die literarische Gegenwart“

Das Auge liest mit. Diese für jede gewöhnliche Zeitschrift völlig überflüssige Aussage erhält bei der Hamburger Literaturzeitung Hundspost einen besonderen Sinn. Sie erscheint nicht als asketische Bleiwüste, sondern erregt alle Sinne – schön anzuschauen, großformatig und erstellt auf schwerem Papier, das bei jedem Blättern wohlig knistert.

Die Herausgeber und Redakteure Christian Buhl und Philip Mißler, haben einen selbstbewußten und ehrgeizigen Anspruch. Nicht gerade bescheiden übertiteln sie den Namen Hundspost mit der Zeile: „Zeitung für die literarische Gegenwart“. Die vierteljährlich erscheinende Zeitschrift beschränkt sich nicht auf das bloße Veröffentlichen der Texte von Nachwuchsautoren, sondern kommentiert auch die Debatten innerhalb der deutschen Literaturszene. Dabei verstehen sich Buhl und Mißler nicht als zwanghafte Kulturoptimisten, die dem FAZ-Feuilleton etwas entgegensetzen wollen. Obgleich sie dem klassischen Literaturbetrieb gerne auf die Finger klopfen. Gleichzeitig fordern sie von sich und den Schriftstellern, daß sie sich der Realität nicht verschließen. So widmen sie jeweils eine Ausgabe einem gesellschaftlich relevanten Thema. In der letzten Ausgabe war es des Volkes Kapitalistenseele mit „Die Liebe zur T-Aktie“, die neue Hundspost behandelt „Gewaltanwendungen – Literarische Verbrechensprotokolle“. Die Herausgeber wollen sich dadurch keine „Aufmerksamkeit erschleichen“, wie sie im Editorial betonen, doch – der Bezug auf Jean Paul, Karl Kraus und Tucholsky wird deutlich – sie wollen die herrschende Meinung nicht unkommentiert lassen.

Noch immer ist die Hundspost vielen Literaturbegeisterten wenig bekannt. Deshalb feiert die Zeitung das Erscheinen ihrer neusten Ausgabe mit einer Release-Party in der „Poets Lounge“im Mojo-Club. Wie es sich für die Feier einer Literaturzeitung gehört, werden die Hundspost-Autoren Felicitas Hoppe, Stefan Beuse und Boris Preckwitz das Publikum mit ihren Texten beglücken.

Oliver Nachtwey

heute, Mojo Club, Reeperbahn 1, 21 Uhr

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