piwik no script img

Vorstand der Deutschen Bank kleinlaut

■ Richter wird bissig. Bankvorstand Ulrich Weiss räumt Fehler ein

Berlin (AP/dpa/AFP/taz) – Der Vorstand der Deutschen Bank hat bei der Vergabe von 1,5 Milliarden Mark an Krediten an den Bauspekulanten Jürgen Schneider „eine Menge Fehler“ gemacht. Das hat Ulrich Weiss vom Vorstand der Bank gestern vor dem Frankfurter Landgericht eingeräumt. Weiss war der Bankvorstand, dem Schneider vor seiner Flucht in einem Brief mitgeteilt hatte, er sei auf Anraten der Ärzte verreist. Weiss hatte den Brief im April 1994 sechs Tage zurückgehalten. Während die Deutsche Bank die Akten Schneiders durchsuchte, mußte die Staatsanwaltschaft damals warten.

Gestern mußte Weiss im Betrugsverfahren gegen Schneider aussagen. Zuvor hatte der Vorsitzende Richter Heinrich Gehrke schon den ehemaligen Chef der Deutschen Bank, Hilmar Kopper, und Manager der Deutsche-Bank- Filiale Schneiders in Baden-Baden und der ehemaligen Deutsche- Bank-Tochter Centralboden vernommen.

Gehrke nahm den Zeugen Weiss gestern kräftig zur Brust. Der Richter warf dem Vorstand der Bank vor, er habe Warnzeichen ignoriert und den eigenen Kreditsachbearbeitern blind vertraut. Die Abteilungen der Bank hätten ein „geradezu hymnisches Verhalten“ in bezug auf Schneiders finanzielle Verhältnisse und seine Kompetenz gezeigt.

Weiss räumte ein, ihm sei „es leider nicht gelungen“, nach 1990 ein Zurückfahren der Kredite an den Bauunternehmer Schneider durchzusetzen. Und das, obwohl er als zuständiger Vorstand für eine zurückhaltende Kreditvergabepolitik votiert habe. In der Deutschen Bank sei niemand auf den Gedanken gekommen, daß die eigenen Mitarbeiter „von Schneider belogen und betrogen wurden“.

Bis zum Zusammenbruch des Schneider-Imperiums habe der Vorstand „keinen konkreten Hinweis gehabt, daß hier Lüge und Betrug im Hintergrund stehen könnten“. Sicher seien die Angaben Schneiders aber nicht kritisch hinterfragt und geprüft worden.

Eben dies mochte Richter Gehrke gestern nicht verstehen. Es könne doch nicht sein, daß sich der Vorstand der Deutschen Bank Entscheidungen über Großkredite vorbehalte, ohne die Entscheidungsgrundlagen zu kennen. Weiss entgegnete: Schneider habe auch die Mitarbeiter der Bank durch seinen Erfolg beeindruckt, als es ihm 1992 gelungen sei, das Frankfurter Fürstenhofprojekt mit großem Gewinn abzuschließen. ten

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen