: Dem Wind die Luft rausgelassen
Windkraft: HEW bestätigen Förderstopp, Umweltbehörde weiter ahnungslos ■ Von Achim Fischer
Am Mittwoch gestanden die Hamburgischen Electricitäts-Werke (HEW) gegenüber der taz den sofortigen Stopp ihres Förderprogramms für die Windkraft ein. Gestern bestätigte der Konzern diesen Schritt per Pressemitteilung. Die Umweltbehörde dagegen bezweifelte gestern Angaben der taz, daß mehrere Interessenten im Vertrauen auf das Förderprogramm bereits Planungen für neue Rotoren mit einer Gesamtleistung von 30 Megawatt Leistung vorangetrieben haben. Damit würde die bisherige Kapazität verdreifacht werden.
„Wo sollen denn diese Anlagen errichtet werden?“fragte gestern Umweltbehörden-Sprecher Kai Fabig. Erst vor zwei Tagen hatte sein Chef, Noch-Senator Fritz Vahrenholt (SPD) doch betont: „Vorerst ist das Potential an Standorten ausgeschöpft – vielleicht kommt noch die eine oder andere Anlage im Hafenbereich hinzu.“
Heinz Otto, im Hamburger Vorstand des Bundesverbandes Windenergie (BWE), bestätigte gestern jedoch die taz-Angaben: „Nach Auskunft unserer Mitglieder sind alleine für Hamburg Anlagen mit einer Leistung von zusammen 30 Megawatt in Planung.“Im Gegensatz zur Umweltbehörde kann er sich eine Reihe zusätzlicher Standorte für neue Rotoren vorstellen. Schon im Frühjahr diesen Jahres hat er der Stadtentwicklungsbehörde eine Liste mit rund zwanzig potentiellen Flächen für Windräder präsentiert. Reaktion, so Otto mit leicht Berliner Akzent: „Nüscht. Ick hab überhaupt nüscht jehört.“
Die HEW bestätigten gestern, daß ihr Fördertopf von jährlich 3 Millionen Mark mit den bestehenden und zur Zeit im Bau befindlichen Anlagen ausgeschöpft ist. Weitere Rotoren „könnten nur durch eine Umschichtung im Förderprogramm“– es umfaßt insgesamt 20 Millonen Mark – unterstützt werden. Es ständen wieder Mittel zur Verfügung, wenn die Fördermaßnahmen für die ersten Anlagen auslaufen. Also im nächsten Jahrtausend. Bis zum Jahr 2004 werden die ersten 21 Anlagen aus der Förderung herausgefallen sein, mit einer Gesamtleistung von 1,459 Megawatt – damit läßt sich das erste Windrad in heutiger Größenordnung fördern.
Das stürmische rotgrüne Schleswig-Holstein deckt bereits heute mehr als zehn Prozent seines Strombedarfs durch Windkraft. Der Versorger Schleswag muß den Windmüllern laut Bundesgesetz den Strom für 17 Pfennige je Kilowattstunde abnehmen. Nach Angaben der Schleswag entstehen ihr dadurch mittlerweile jährliche Mehrkosten von 100 Millionen Mark. Der Energieversorger hat deshalb eine Preiserhöhung von 1,1 Pfennigen beantragt. Privathaushalte würden somit 24,6 Pfennige pro Kilowattstunde zahlen – immer noch weniger als Hamburger Haushalte mit 28,1 Pfennigen (plus Mehrwertssteuer) für den HEW-Atomstrom. Das Kieler Energieministerium setzt sich seit Monaten dafür ein, die Mehrbelastung der Schleswag durch einen bundesweiten Lastenausgleich abzufangen.
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