Antifaschistisches Schulterzucken

Proteste bei ersten Sitzungen der Bezirksversammlungen Mitte und Bergedorf gegen DVU-Abgeordnete  ■ Von Ajub Iskandarani und Elke Spanner

Eine vertrauensvolle und deutsche Aufgabe will Karl Löbner erfüllen. Was das ist, geht im Gejohle und Gepfeife der ZuschauerInnen unter. Rot läuft der Abgeordnete der Deutschen Volksunion (DVU) an, der nicht nur als rechtsradikaler Volksvertreter in der Bezirksversammlung Mitte ist, sondern mit seinen 82 Jahren auch deren Alterspräsident. Als solcher darf er die konstituierende Sitzung gestern nachmittag eröffnen.

„Sehr geehrte Damen und Herren“setzt er an, doch die sehr verrehrten Damen und Herren in den hinteren Reihen erwidern seinen Gruß mit einer aufgebrachten Frage an die Fraktionen. „Ist es für euch ganz egal, daß ein Faschist hier die ersten Worte spricht?“Schulterzucken bei CDU und SPD, ein resigniertes „das ist eben so“aus den Reihen der GAL. Aus dem Off erklingt der Vorschlag: „Ihr könnt ja solange rausgehen“. „Dann haben die hier die Mehrheit“. Fraktionsübergreifendes Gelächter.

Die drei anderen Herren der DVU sind derweil schwer und ausdauernd in die Tagesordnung vertieft. Sie sprechen nicht miteinander. Nach ihren Namen gefragt, muß Georg Kosemund die seiner Kollegen von einer Liste ablesen. Auch in der inhaltlichen Arbeit stehe man erst am Anfang. Ein kommunalpolitisches Programm? Erstauntes Kopfschütteln.

Alterspräsident Löbner versucht mittlerweile, die „Nazis raus“-Rufe zu übertönen. Doch seine Worte verlieren sich bereits in den ersten Reihen, in denen die VertreterInnen von SPD und CDU bewußt Langeweile zur Schau stellen. So hören auch nur sie, daß Löbner schließlich gar die Kommunistin Rosa Luxemburg bemüht: „Möge Freiheit in diesem Haus auch immer die Freiheit des Andersdenkenden sein.“

Zeitgleich protestieren auch vor dem Bergedorfer Rathaus rund 120 BürgerInnen gegen den dortigen Wiedereinzug der DVU ins Bezirksparlament. Nur zwei der drei Rechtsradikalen erscheinen zur ersten Sitzung. Die beginnt mit Statements der Fraktionsvorsitzenden zu einem von der GAL angemeldeten Thema: „Rechtsradikale Tendenzen in Bergedorf“.