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Stillstand statt Sozialismus

■ Kohl auf dem CDU-Parteitag: „Die Linke steht für Vergangenheit. Wir sagen ja zur Zukunft.“ Es ist Wahlkampf, Junge Union stellt Nestbeschmutzung ein

Leipzig (taz) – Mit minutenlangem Beifall haben gestern die Delegierten des CDU-Parteitags in Leipzig die Entscheidung von Helmut Kohl unterstützt, bei den nächsten Wahlen erneut für das Amt des Bundeskanzlers zu kandidieren. Damit hat die Versammlung per Akklamation bestätigt, was der Regierungschef bereits im Frühjahr im Fernsehen angekündigt hatte. Bislang war die Kandidatur Kohls niemals formal von einem Parteigremium abgesegnet worden.

Helmut Kohl erklärte in seiner Grundsatzrede, der Wahlkampf habe bereits begonnen. Er werde „einer der härtesten in der Geschichte unserer Bundesrepublik“ sein. „Wir glauben an die Freiheit. Die Linke setzt auf Bevormundung. Wir treten ein für Erneuerung. Die Linke steht für Vergangenheit. Wir sagen ja zur Zukunft. Die Linke blockiert“, faßte er die Linie der CDU unter großem Applaus der Delegierten zusammen. Eindeutig sprach sich der Bundeskanzler für eine Fortsetzung der Koalition mit der FDP aus: „Wir wollen diese Koalition, und wir wollen keine andere.“

Die Grundsatzrede des CDU-Vorsitzenden zum Auftakt des Parteitags war von Beobachtern mit Spannung erwartet worden. Sie sollte Aufschluß darüber liefern, wie groß der Rückhalt des Kanzlers in den eigenen Reihen ist und ob es ihm gelingen kann, die Basis im Wahlkampf zu mobilisieren. Im Vorfeld des Parteitags hatten überwiegend jüngere CDU-Politiker ungewöhnlich deutliche Kritik an der neuerlichen Kandidatur Kohls geübt. Der Vorsitzende der Jungen Union, Klaus Escher, hatte außerdem eine Trennung der Ämter des Regierungschefs und des Parteivorsitzenden nach einer gewonnenen Bundestagswahl gefordert.

Nach dem demonstrativen Applaus der Delegierten für Helmut Kohl scheinen sich seine Kritiker nun auf dem Rückzug zu befinden. Klaus Escher erklärte, sein Vorstoß sei „beendet“. Jetzt gelte es, Wahlkampf zu machen. Erneut forderte er die Partei allerdings dazu auf, sachliche Kontroversen offen auszutragen. Der „Eindruck des Stillstandes“ lasse sich nur aufbrechen, „indem wir inhaltlich streiten“. Der niedersächsische CDU-Vorsitzende Christian Wulff hatte sich bereits vor dem offiziellen Beginn des Parteitags gegen Personaldebatten ausgesprochen. Die Zeit für solche Diskussionen sei vorbei.

Auf Kritik stieß die Rede des Bundeskanzlers bei der SPD. „Eine müde Vorstellung, der alte Kanzler ist erschöpft und kann seine Partei nicht mehr begeistern“, kommentierte Bundesgeschäftsführer Franz Müntefering. Bettina Gaus

Tagesthema Seite 3

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