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Untersuchungsausschuß protestiert gegen Akten-Blockade

■ Abgeordnete von AfB, Grünenund CDU empört: Justizressort behinderte wieder Zugang zu den Akten

Der Streit zwischen dem parlamentarischem Untersuchungsausschuß, der die Mißstände in der Justizvollzugsanstalt Oslebshausen aufklären soll, und dem Justizressort geht in eine neue Runde. Mit einem einstimmigen Beschluß hat der Untersuchungsausschuß die für gestern anberaumte Vernehmung des Leitenden Oberstaatsanwaltes abgesagt, weil die erforderlichen Akten zu spät und zum Teil gar nicht geliefert worden seien. AfB, CDU und Grüne fühlen sich vom Justizsenator in ihrer Arbeit behindert. Die SPD fühlt sich hingegen hinreichend informiert, stimmte dem Antrag aber dennoch zu.

„Irgendwo ist die Grenze erreicht, wo man das Gefühl hat, daß der Ausschuß nicht mehr ernst genommen wird“, empörte sich Andreas Lojewski (AfB). Er macht die „mangelnde Mitwirkungsbereitschaft des Senats“für die seiner Einschätzung nach zögerlicher Aktenlieferung verantworlich.

Schon vor der Sommerpause, am 26. Juni, habe der Ausschuß die Akten der Behörde, der Staatsanwaltschaft und die Personalakten der Gefangenen angefordert. Erst gestern morgen wäre ein Paket von der Staatsanwaltschaft eingegangen. Inhalt: Strafverfahren, die zum Teil schon vor Jahren eingestellt worden sind und die nach den neusten Erkenntnissen über die Zustände in der JVA unter Umständen in einem anderem Licht erscheinen könnten. Der Ausschuß habe sich deshalb auf die Vernehmung des Leitenden Oberstaatsanwaltes nicht vorbereiten können. „Wir müssen auch Zeit haben, in die Akten zu gucken“, sagte Helmut Pflugradt (CDU). Eine sachgemäße Zeugenvernehmung setze voraus, daß der Ausschuß „wenigstens große Teile der Ermittlungsakten“kenne. Das sei jedoch nicht der Fall. Die Akten des Amtsgerichtes über die dort anhängigen Verfahren gegen JVA-Beamte seien erst in der vergangenen Woche geliefert worden. Außerdem wartet der Ausschuß nach eigenen Angaben noch auf die Todesermittlungsakten und die Personalakten der Gefangenen.

„Das ist keine Frage des bösen Willens“, versicherte Justiz-Staatsrat Mäurer gestern. Das Justizressort habe bisher rund 600 Behördenakten an den Ausschuß geliefert. Die Akten der Staatsanwaltschaft hätten erst im Archiv zusammengesucht werden müssen, das habe sich verzögert. Auf die Aktenlieferung aus dem Amtsgericht hätte das Justizressort keinen Einfluß gehabt, da dies der jeweils zuständige Richter entscheide. Erst in der vergangenen Woche sei der Beschluß ergangen, die Akten an den Ausschuß zu übersenden. Danach seien die Akten binnen 24 Stunden an den Ausschuß geliefert worden. Etwa 100 Gefangenenakten wollte der Ausschuß in der JVA einsehen. Alles sei vorbereitet gewesen, versichert Mäurer. Doch die Ausschußassistenten von CDU, AfB, SPD und Grüne hätten sich offenbar nicht darüber einigen können, welche Akten sie sehen wollten. Deshalb hätten sie auf die Akteneinsicht verzichtet.

Die Assistenten des Ausschusses behaupten hingegen, die Anstaltsleitung hätte ihnen die Arbeit schwer gemacht und die Akten nicht rechtzeitig herausgeben wollen.

Heute wird der Ausschuß einen erneuten Versuch unternehmen, die Akten in der JVA einzusehen. „Das ist die letzte Frist“, so Lojewski. „Wenn das nicht honoriert wird, müssen eben Recht und Gesetz entscheiden“. Schon in der vergangenen Woche (siehe taz 15.10) hatte die Opposition mit einer Klage vor dem Verwaltungsgericht gedroht, um sich uneingeschränkte Akteneinsicht zu verschaffen. kes

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