piwik no script img

SPD fordert Vertragstreue von Grünen in NRW

■ Streit um Braunkohleabbau erneut entbrannt. Prognosedaten um Stromverbrauch strittig

Düsseldorf (dpa/taz) – Die nordrhein-westfälische SPD hat die Bündnisgrünen aufgefordert, beim Streit um den Braunkohletagebau Garzweiler II zum Koalitionsvertrag zurückzukehren. Als „unverschämte Einlassung“ bezeichnete Ministerpräsident und SPD-Landeschef Johannes Rau einen Brief der Landessprecher der Grünen Reiner Priggen und Barbara Steffens. In dem Grünen- Schreiben an die Basis hieß es, vorrangiges Ziel „maßgeblicher Kräfte in der NRW-SPD“ sei es, Rau durch einen Nachfolger zu ersetzen. Garzweiler II sei nur die Folie, auf der dieser SPD-interne Konflikt ausgetragen werde. Der ohnehin geringe Spielraum in der Garzweiler-Frage werde offensichtlich mit Absicht systematisch verkleinert, um die Koalition zu beenden.

Rau erklärte am Montag vor dem Landesvorstand, er werde weiterhin engagiert für die Koalition arbeiten, „aber nicht um den Preis der Glaubwürdigkeit“. Wirtschaftsminister Wolfgang Clement (SPD) warnte vor Illusionen beim Thema Garzweiler II. Das Genehmigungsverfahren werde nach Recht und Gesetz ablaufen. Von dem einwandfreien Genehmigungsverfahren dürfe auch nicht mit Blick auf die rot-grüne Perspektive für die Bundestagswahl abgewichen werden. „Es hilft Bonn nicht, wenn wir uns in Nordrhein-Westfalen über Dinge hinwegtäuschen.“

Unterdessen geht der Streit um eine „Gedankenskizze“ des Wuppertaler Forschungsinstituts für Klima, Umwelt und Energie zu Garzweiler II in eine neue Runde. Das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) erklärte jetzt, daß die von Clement kritisierte Wuppertaler Studie „noch nicht als Nachweis für eine vollständige oder teilweise Verzichtbarkeit“ des Tagebauabbaus angesehen werden könne. In ihrer Expertise waren die Wuppertaler Forscher zu dem Schluß gekommen, daß die Stromversorgung in Deutschland auch ohne Garzweiler II „langfristig gesichert“ werden könne. Dagegen hatte die Baseler Prognos AG wiederum Stellung bezogen. Während beim Stromverbrauch Prognos bis 2020 mit einen Anstieg von 23 Prozent rechnet, gehen die Wuppertaler von einer Schrumpfung um 16 Prozent aus. Eine Art Mittelposition nimmt das DIW ein, das nun seinerseits auf Wunsch des Düsseldorfer Umweltministeriums eine Stellungnahme abgab. Übereinstimmend mit den Wuppertaler Forschern glaubt das DIW, daß die Prognos-Wachstumserwartungen „nach unten revidiert werden müssen“. Daher sei auch „plausibel“, von einer „tendenziell niedrigeren Stromnachfrage“ auszugehen, doch sei die vom Wuppertaler Institut errechnete Schrumpfung „nicht zwingend“. Walter Jakobs

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen