: Einkaufszentrum vor Absturz
■ Wirtschaftssenator lehnt Bau eines riesigen Super- und Baumarktes in Kreuzberg ab. Zusätzliche Verkaufsflächen würden den Einzelhandel verdrängen, sagt der grüne Bezirksbürgermeister
Wirtschaftssenator Elmar Pieroth (CDU) spricht sich gegen den Bau eines riesigen Einkaufszentrums an der Schlesischen Straße in Kreuzberg aus. „Wir lehnen das vorliegende Konzept des Investors Botag ab“, sagte Pieroths Sprecher Michael Wehran gestern. Auch die Bau- und die Stadtentwicklungsverwaltung stehen den Bauplänen kritisch gegenüber. Am 3. November wollen die drei Verwaltungen entscheiden. Nach einer Ablehnung kann „der Investor ein neues Konzept vorlegen“, sagte Wehran.
Die vorläufige Planung der Botag, einer Aktiengesellschaft für Immobilieninvestitionen, sieht vor: 15.000 Quadratmeter für „großflächigen Einzelhandel“, zum Beispiel einen Baumarkt und einen Supermarkt; 5.000 Quadratmeter für kleinen Einzelhandel, dazu Räume für Gastronomie und Sportangebote sowie Wohnungen am Spreeufer. In einem fünfgeschossigen Parkhaus an der Cuvrystraße sollen 700 Parkplätze untergebracht werden. Der Wirtschaftssenator favorisiert dagegen den urspünglichen Plan, Industriebetriebe und nur wenig Einzelhandel anzusiedeln.
Wie berichtet, hatten die CDU- und SPD-Fraktionen der Kreuzberger Bezirksverordnetenversammlung am 24. September beschlossen, einen Vorhaben- und Erschließungsplan für das umstrittene Zentrum auf den Weg zu bringen. Dazu müssen sich auch die Senatsverwaltungen äußern.
Auch der Kreuzberger Bürgermeister Franz Schulz (Bündnisgrüne) zieht gegen das Botag-Konzept zu Felde. „Ein derart großes Einkaufszentrum ist gewerbefeindlich und nicht gebietsverträglich“, erklärte Schulz unter dem Beifall von rund 50 Anwesenden am Donnerstag abend in der Kreuzberger Emmauskirche. 20.000 Quadratmeter zusätzliche Verkaufsflächen an der Schlesischen Straße würden die bestehenden Geschäfte „verdrängen“.
Die Gewerbetreibenden und AnwohnerInnen von Kreuzberg waren von Michael Bahr, Vorstand der örtlichen Markthalle, zur Informationsveranstaltung geladen worden. „Jede Mark, die im neuen Einkaufszentrum ausgegeben wird, fehlt in Ihren Kassen“, sagte Bahr.
Nicht zuletzt den zusätzlichen Verkehr auf der mehrmals täglich verstopften Schlesischen Straße betrachtet Bürgermeister Schulz als Problem. Im Rahmen des Planverfahrens sollen zwei Gutachten klären, welche Konsequenzen das Zentrum für Verkehr und Einzelhandel haben könnte.
Mitglieder der Kreuzberger SPD-Fraktion bezeichneten den Einkaufspalast dagegen als „Magneten“, der die trostlose Schlesische Straße und den anliegenden Wrangel-Kiez beleben könne. Das Publikum werde nach SO36 gelockt. Von der zusätzlichen Nachfrage falle auch etwas für die bestehenden Geschäfte ab.
Diese Argumentation unterstützte auch ein Anwohner. Das Warenangebot auf der Wrangelstraße sei unzureichend, qualitativ schlecht und teuer. Ein neuer Supermarkt und auch ein Baumarkt könnten deshalb nicht schaden. Hannes Koch
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