Auf Du und Du mit Großprojekten
: Kritik am Ocean-Park

■ Die Risiken der Großmannssucht beschrieben in 17 prägnanten Thesen

„Was sollen wir denn sonst machen, es gibt doch keine Alternative“, das ist das hinter vorgehaltener Hand häufigste Argument für den Ocean-Park. Die anderen Bremerhavener Großprojekte (Carl-Schurz-Kaserne, Fischereihafenschleuse) verschlingen 321 Millionen Mark aus dem „Investitionssonderprogramm“(ISP) und haben bisher keine privaten Investitionen nach sich gezogen, konstatierte der Grüne Manfred Schramm – und setzte auf den Ocean-Park. „Small is beautiful ist aus eigener Kraft nicht zu verwirklichen“, resignierte der Grüne.

49 Prozent der Bremerhavener Stadtwerke sollen verkauft werden, damit Bremerhaven seinen Teil zu den 605 Millionen Mark öffentlicher Gelder für den Ocean-Park beitragen kann. Alles wartet nur noch, daß der Projekt-Planer Köllmann das Finanzierungskonzept für die privaten 600 Millionen vorlegt.

In diese Situation hinein hat Prof. Jürgen Milchert, Leiter des Gartenbauamtes Bremerhaven, 17 Thesen zum Ocean-Park vorgelegt. Milchert kritisiert nicht nur das ökonomische Risiko für die öffentliche Hand, sondern auch die Folgen des Großparks für die Stadt:

– „Mit der konkreten regionalen Situation Bremerhavens als Hafenstadt an der Wesermündung und an der Nordsee hat der Ocean-Park kaum etwas zu tun, er besitzt keinen Ortsbezug. (...) Der Ocean-Park zerstört den potentiell schönsten Ort Bremerhavens, nämlich die alten Hafenanlagen zwischen Innenstadt und Wesermündung mit ihrem erlebbaren Seedeich.“

– Freizeitparks sind, kritisiert Milchert die ökonomischen Erwartungen an den Ocean-Park, darauf ausgerichtet, die Menschen zu motivieren, im Inneren möglichst viel Geld auszugeben. Die Parks bieten daher alles selbst. Daß zusätzliche Kaufkraft in die Bremerhavener Innenstadt gezogen würde, sei eine „Illusion. Vielmehr ist das Gegenteil zu befürchten...“

– Aufgrund der „Randlage Bremerhavens“sei zudem, so Milchert, „eine längerfristige wirtschaftliche Rentierlichkeit kaum zu erwarten“. Vergnügungsparks würden an verkehrsgünstigen Stellen gebaut, im Zentrum von bevölkerungsreichen Regionen. „Nicht Bremerhaven, sondern der gefüllte Subventionstopf lockt die Investoren. Ist das Projekt nach wenigen Jahren für die Investoren finanztechnisch und steuerlich abgeschrieben, so dürfte ihr Interesse schnell erlahmen.“Bremerhaven aber mache sich davon abhängig – „Glücksspielermentalität“nennt Milchert das.

– Die in der Konzeption versprochenen 950 Arbeitsplätze stehen dabei, „was Anzahl und Qualität betrifft, in keinem Verhältnis zu den gewaltigen öffentlichen Investitionen“. (Die jährlichen Zahlungen für Schulden und Tilgung der 600 Millionen staatlicher Gelder würden reichen, um diese 950 Arbeitskräfte zu entlohnen.)

Milchert abschließend: „Beim Ocean-Park handelt es sich um eine Jahrhundertentscheidung, die die zukünftige Entwicklung Bremerhavens grundlegender verändern wird als jede andere städtebauliche Entscheidung. (...) Großmannssucht ersetzt hier zukunftsweisende Strategie“. K.W.