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Seit Monaten kein blauer Himmel

Indonesiens Wälder brennen weiter. Gesamtschäden in den betroffenen Ländern auf 3,2 Milliarden Dollar beziffert. Ernteverluste betragen vierzig Prozent  ■ Aus Bangkok Jutta Lietsch

Dunkler Rauch, der von den brennenden Wäldern herüberwehte, zwang den Piloten zum Umkehren. Deshalb konnte Azwar Anas, Leiter des indonesischen Katastrophenamtes, vor wenigen Tagen nicht in den Südwesten der Provinz Irian Jaya fliegen. Fast fünfhundert Menschen sind dort seit dem Sommer an den Folgen von Krankheiten und Wassermangel gestorben. Unvermindert wüten in Indonesien die riesigen Waldbrände, die seit Monaten rauchigen Smog über weite Teile Südostasiens treiben.

Die diesjährige große Dürre und neue Brandstiftungen halten die Feuer am Leben. In den letzten Wochen hat es zwar hier und dort geregnet, aber viel zu wenig. Meteorologen in Jakarta befürchten, daß sich der erwartete Monsun um Monate verzögern könnte. Seit dem Frühjahr verkohlten nach offiziellen Angaben 300.000 Hektar. Das indonesische Umweltforum Walhi hält diese Zahl allerdings für stark untertrieben und spricht statt dessen von mindestens 1,7 Millionen Hektar zerstörten Wald- und anderen Gebieten.

Besonders betroffen sind nach wie vor Sumatra, Sulawesi und der indonesische Teil der Insel Borneo (Kalimantan), wo sich Torfböden entzündet haben. Vielfach sind die Feuer vorsätzlich gelegt: Für die großen Holzfirmen, Plantagenbetreiber und Kleinbauern ist das Roden mit dem Streichholz die billigste Methode, ihre Böden zur Bearbeitung vorzubereiten. Obwohl die Regierung über 60 Firmen die Lizenz entzog und in den letzten Tagen erneut gedroht hat, Brandstifter streng zu verfolgen, werden derzeit immer neue Flächen in Brand gesetzt. Korruption und Vetternwirtschaft verhindern die Bestrafung der Täter, sagen Umweltschützer.

Viele Verantwortliche in der Hauptstadt behaupten immer noch, es handele sich um eine reine Naturkatastrophe. Erst vor kurzem hat Präsident Suharto die Armee zur Brandbekämpfung aufgefordert. Die BewohnerInnen von Singapur und Kuala Lumpur haben seit Monaten keinen blauen Himmel gesehen. Nur ab und zu, wenn der Wind den Rauch in eine andere Richtung weht, ist das Atmen weniger unangenehm.

Unmut über die schleppende Reaktion der Politiker in Jakarta ist längst auch in den Nachbarländern Singapur, Malaysia, Philippinen, Brunei und Thailand laut geworden. Nach Schätzungen des Umweltforums hat der dicke Rauchdunst Schäden im Wert von über 3,2 Milliarden Dollar verursacht. Allerdings ist es noch zu früh, sich annähernd ein Bild über die Auswirkungen der Brände zu machen. Welche Folgen der Smog für die Millionen Menschen hat, die über Monate hinweg die giftige Luft einatmen mußten, ist völlig unbekannt. Vergleichbare Erfahrungen gibt es nicht. Auch die Folgen für Pflanzen und Tiere sind nicht absehbar.

Wegen schlechter Sicht konnten kürzlich Hubschrauber nicht aufsteigen, die nach der Kollision eines Tankers vor Singapur mit einem anderen Schiff kontrollieren wollten, wie weit sich das Öl ausbreitete. Bei dem Unfall hatten sich 25.000 Kubikmeter Öl ins Meer ergossen. Smog und Dürre haben die Kaffee-, Tee- und Palmölernten in Indonesien um bis zu vierzig Prozent verringert. Auch die Produktion von Mais, Erdnüssen und Obst hat nach Angaben der Regierung stark gelitten.

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