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Rechtsradikale für Rühe kein Forschungsthema

■ Der Verteidigungsminister drängt weiterhin auf einen Radikalen-Check bei Neulingen in der Bundeswehr. Eine sozialwissenschaftliche Untersuchung lehnt er hingegen vehement ab

Berlin (taz) – Volker Rühe (CDU) bleibt „natürlich“ dabei, daß Neuzugänge zur Bundeswehr auf einen möglichen rechtsradikalen Hintergrund überprüft werden. Dem könne man sich nicht verweigern, sagte der Bundesverteidigungsminister gestern zum Abschluß der 36. Kommandeurstagung in Richtung seines Kabinettskollegen Schmidt-Jortzig. Rühe hatte diese Forderung bereits vor zwei Wochen erhoben, nachdem erneut ein Video von Bundeswehrangehörigen mit rechtsradikalem Inhalt aufgetaucht war.

Bundesjustizminister Schmidt- Jortzig hatte eine solchen Überprüfung aus Gründen des Datenschutzes und der Praktikabilität abgelehnt. Manche seien „vor lauter Datenschützerei nicht in der Lage, den gesunden Menschenverstand zu nutzen“, sagte Rühe, der „eine gewaltige Unterstützung in der Öffentlichkeit“ für seine Forderung spürt. Er wolle nun „zu vernünftigen Gesprächen“ mit Schmidt-Jortzig kommen.

So eindeutig, wie Rühe sich für eine Überprüfung ausspricht, so vehement ist er gegen eine sozialwissenschaftliche Untersuchung der Bundeswehr. Die Bündnisgrünen im Bundestag hatten die Forderung erhoben, die politische Einstellung der Soldaten zu erforschen. Doch der Verteidigungsminister hält nichts davon, „daß sich irgendwelche Sozialwissenschaftler über die Bundeswehr hermachen“ – auch keine der bundeswehreigenen Forschungseinrichtungen. Er sei dagegen, die Bundeswehr unter Generalverdacht zu stellen.

Eben diesen Generalverdacht äußert der Vorsitzende des Bundeswehrverbandes, Oberst Bernhard Gertz, gegenüber dem Stern. Die bisher bekannten Fälle legten die Vermutung nahe, daß es auf der mittleren Führungsebene eine Mauer des Schweigens gegeben habe, die diese rechtsradikalen Äußerungen gedeckt habe. Die Bundeswehr müsse sich die Frage stellen, ob sie zum Sammelbecken für Rechtsradikale geworden sei. Auf diese Frage hatte der Generalinspekteur der Bundeswehr, Hartmut Bagger, gestern eine Antwort. Er erklärte zum Abschluß der Kommandeurstagung, die Bundeswehr sei keine Brutstätte des Rechtsradikalismus. Die Ursachenforschung habe woanders anzusetzen. Denn die Bundeswehr sei „Spiegel der Gesellschaft“.

Ob sie tatsächlich Spiegel ist, könnte zwar nur eine solche Untersuchung ergeben, doch die Führung will jetzt lieber „konkret und schnell handeln“. Ab kommender Woche soll eine Arbeitsgruppe mit zivilen und militärischen Fachleuten Vorschläge erarbeiten, wie das Problem in den Griff zu bekommen sei. Es gehe darum, die Führungsaufsicht über die Soldaten zu intensivieren oder Listen mit indiziertem Liedgut zu erstellen. Die Gruppe, so Rühe, solle arbeiten, bis weißer Rauch kommt.

Auf der Kommandeurstagung wurde auch der Einsatz in Bosnien erörtert. Rühe rechnet mit einer verkleinerten SFOR-Folgetruppe. Allerdings soll dann der Anteil der Europäer gegenüber den Amerikanern größer sein als bisher. Dieter Rulff

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