Durchs Dröhnland: Lieber die Weltherrschaft
■ Die wichtigsten und überflüssigsten Konzerte der kommenden Woche
Schon lange hat die Besetzung von Napalm Death nichts mehr mit dem Original zu tun, aber als Allein- oder Miterfinder von Grindcore, Thrash oder Death Metal kann man sich sowas erlauben und trotzdem weiter Headliner eines jeden besseren Treffens der metallverarbeitenden Industrie sein. Daß die Jungs, die inzwischen den geheiligten Namen tragen dürfen, hat nichts an der allgemeinen Wertschätzung geändert. Kurz und gut: Der besteingeführte Markenartikel der Branche.
Mit dBH und Orth, 7. 11., 20 Uhr, SO 36, Oranienstraße 190
Bereits die zweite LP von Female Trouble: „Anarchy in the Backyard“ bietet nicht nur einigermaßen flotten Punkrock mit wenigen Ausflügen in einen zähen Hardrock, sondern auch einfache Lösungen: So empfiehlt das Berliner Quartett übergewichtigen Frauen, sich nicht frustrieren zu lassen, wenn der Typ sie mit den Kindern sitzenläßt. Sie sollen sich lieber einen neuen Liebhaber oder einen Dildo besorgen.
8. 11., 20 Uhr, Kato, im U-Bhf Schlesisches Tor
Snuff waren bereits aufgelöst, bevor sie sich unlängst wieder zusammentaten, um verstärkt mit Posaune und Orgel nun doch wieder ziemlich genau den Melody-Core zu machen, mit dem sie Ende der 80er schon angetreten waren. In ihrer Heimat England war das damals recht außergewöhnlich, die amerikanischen Kollegen aber machten schon lange Punkrock mit hübschen Melodien.
9. 11., 21 Uhr, Insel, Alt- Treptow 6
In Irland reißen sich alle darum, ihr einen neuen Song schreiben zu dürfen. Mary Coughlan interpretiert sie dann mit einer Stimme, die so ziemlich jede Tönung ohne hörbare Anstrengung annehmen kann, auch wenn die liebste Grundstimmung über einem sanften Teppich aus Blues, Irish Folk und Kirchenmusik immer die Melancholie bleibt.
11. 11., 20 Uhr, Passionskirche, Marheinekeplatz
Als wäre der Röhrenverstärker der technischen Weisheit letzter Schluß, erspielen sich B-thong aus Schweden die Nachfolge der verstorbenen Kyuss. Hier dominieren warme Erdfarben, sind die Gitarren voluminös und schwül und Schlagzeug und Bass eher plüschig. Bis zu ihrer letzten Platte hatten sich auch B-thong daran beteiligt, immer härtere Varianten des ewig gleichen Metallgewerbes abzuliefern, doch dann wollte die Band nicht mehr so, wie Sänger Tony Jelenkovic gern wollte, worauf der dann ging und nun mit Transport League ganz fiese Sachen veranstaltet. Die drei Restschweden fanden Ralph Lennart.
Das Ergebnis ist zwar sanfter als das, was B-thong früher abgeliefert haben. Metal ist trotz allem immer noch eine aggressive Musik, und die Vergleiche, die die einschlägige Presse für B-thong heranzieht, reichen immer noch von Soundgarden über Danzig bis zu Motörhead.
11. 11., 21 Uhr, Trash, Oranienstraße 40/41
Gerade mal fünf Jahre alt war er und hatte bereits einen kleinen Hit mit einer James- Brown-Coverversion. Aufgewachsen auf der Bühne des Blues-Clubs seines Vaters in Buffalo, hatte Lucky Petersonschon als Jugendlicher mit John Lee Hooker und Muddy Waters gespielt. Kein Wunder, daß der inzwischen 34jährige nicht die Blueswelt aus den Angeln hebt, sondern die Tradition sorgsam bewahrt.
12. 11., 21 Uhr, Tränenpalast, Reichtagsufer 17
Eher still geworden war es um Faith No More. Was auch an ihrem letzten, großspurig betitelten, aber eher durchschnittlichem „Album of the Year“ gelegen haben dürfte, das nur selten so richtig losrocken wollte und fast nur noch pathetisch und episch geriet, sich aber trotzdem wie der Teufel verkaufte. Zuvor war man mit dem Crossovern in alle Richtungen wohl auch an Grenzen gestoßen, feuerte den Gitarristen und wusch ein wenig dreckige Wäsche. Zuletzt hat man sich einige Songs remixen lassen, u.a. von den Kollegen von Rammstein.
12. 11., 20 Uhr, Huxleys Neue Welt, Hasenheide 108–114
Begonnen hatten Dr.Ring- Ding and the Senior Allstars als ein lockeres Projekt aus Mitgliedern verschiedener deutscher Ska-Bands, entstanden ist inzwischen eine der versiertesten Offbeat-Kapellen. Dabei spielen die Allstars ebenso souverän den altmodischen Rocksteady wie einen etwas härteren Ska, auch mal einen schnulzigen Reggae und sogar ein wenig Dancehall und Ragga.
12. 11., 21 Uhr, Pfefferberg, Schönhauser Allee 176
Immer noch auf der Erde befinden sich unsere Freunde vom Planeten Q, denen vor Jahrzehnten ausgerechnet in Alabama das Raumschiff zu Bruch ging. Acht Platten hat man seitdem gemacht, ohne vom FBI behelligt zu werden. Nun wird man immer dreister: Man ... or Astro-Man? spielen nicht mehr nur ihre Surfpunk-Instrumentals, sondern singen sogar dazu ganz frech von ihrem Alien-Dasein. Das Musikfernsehen haben sie bereits unterwandert, von anderen Technologien, die sie aus dem 21. Jahrhundert mitgebracht haben, mal ganz zu schweigen. Es steht zu befürchten, daß sie nicht mehr nur das Loch im Raum-Zeit-Kontinuum stopfen wollen, sondern die Weltherrschaft übernehmen, um Miriaden von Platten zu verkaufen.
13. 11., 21 Uhr, Trash
Eine hübsche Legende hat man auf alle Fälle schon mal: Die Myracle G(y)rlz bestehen aus zwei Brüdern, die angeblich in Papua-Neuguinea geborene Halbfinnen sind, und einem litauischen Schlagzeuger. Was ihrem fröhlich hoppelnden Rock, der viel vom Folk und auch einiges vom Punk gelernt hat, auch nicht weiter schadet.
13. 11., 22 Uhr, Duncker, Dunckerstraße 64, Eintritt frei Thomas Winkler
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