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„Dann müssen die Lurche rücken“

■ Parteien äußern sich zur Zukunft des Hollerlandes: Alles ist möglich / Straße durchs Naturschutzgebiet bleibt Reizthema

Heiße Köpfe und erregte Gemüter waren das Ergebnis einer Podiumsdiskussion der Grünen über den Straßenanschluß Lilienthal-Bremen in. Alle Parteien, BUND und Bügerinitiative der vom Straßenbau bedrohten Anwohner schickten VertreterInnen, daß Publikum erschien massenhaft. Eines wurde klar: Die Verwirrung ist groß. Die Bandbreite der Wünsche der verschiedenene Interessensgruppen reicht von der Aufhebung des Hollerlandes als Naturschutzgebiet (CDU) bis zur Absicherung der Flächen als ökologisches, stadtnahes Naturrefugium auf ewig (GRÜNE, BUND, SPD). Dazwischen plant Bausenator Bernd Schulte (CDU) alles, was die Landkarte hergibt.

Eigentlich stehen die Fakten fest: Die niedersächsische Gemeinde Lilienthal plant eine Umgehungsstraße. Die soll direkt auf bremischem Gebiet an die Borgfelder Heerstraße angeschlossen werden (Variante eins). Die Stadt Bremen will die Straßenbahnlinie 4 bis nach Liliethal führen, um die Zufahrtstraßen zu entlasten. Das Naturschutzgebiet Hollerland würde nicht in Mitleidenschaft gezogen.

In dieser Situation setzt der Bausenator den Zirkel auf die Landkarte. Sein Sprecher Hartmut Spieserke: „Wir müssen das Unmögliche denken.“Straßenvariante zwei, so Schulte, könnte parallel zum Jan Reimers Weg weiter als bei Variante eins ins Hollerland verlaufen, um dann auch zur Borgfelder Heerstraße abzuknicken. Für diese Variante müssen Häuser am Borgfelder Deich weichen. Anwohner wehren sich. Jetzt kommt Variante drei ins Spiel. Die Zerschneidung des Naturschutzgebietes parallel zum Jan Reimers Weg mit Anschluß ans Horner Kreuz. Damit wäre das Naturschutzgebiet als Feuchtgrünland zerstört und könnte bebaut werden. Die CDU fordert hier die Erweiterung des Technologie Parkes von der Uni her (Dieter Focke, CDU: „Was ist wichtiger, Mensch oder Frosch?“). Die Baubhörde möchte von der anderen Seite den Stadtteil Borgfeld West erweitern. Ein CDU-Mann aus dem Publikum: „Sumpfdotterblumen und Lurche sollen zur Seite rücken.“

Trotz mehrfacher Bestätigung der Gemeinde Lilienthal, ihr Bebauungsplan für die Umgehungsstraße stehe fest und damit auch der genaue Übergabepunkt auf Bremer Gebiet (direkt neben der Jan Reimers Brücke), spekulieren Anwohner und Planer darauf, diesen Übergabepunkt doch noch verschieben zu können. Straßenvarianten 4 und 5 kommen ins eh komplizierte Verfahren. Diese Varianten zerschneiden zwar auch das Naturschutzgebiet, reißen aber keine Häuser ein. „Das wollen wir“, sagt die Bürgerinitiative der Anwohner. „Das wollen wir nicht“, sagen die Grünen. Wenn die Lilienthaler Umgehungsstraße überhaupt neu geplant werden soll, dann sollte sie gar nicht gebaut werden. „Ihr könnt das Naturschutzgebiet rechtlich gar nicht bebauen“, ruft der BUND der CDU zu. Jede Straßenvariante, die das Naturschutzgebiet kreuzt wird vom BUND „mit guter Aussicht auf Erfolg“beklagt werden.

Thomas Schumacher

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