: Iran verbreitet „Geständnis“ Sarkuhis
■ Ehefrau: Der „Reuebrief“ des iranischen Schriftstellers ist gefälscht
Berlin (taz) – Irans konservative Kleriker bedrohen erneut Faradsch Sarkuhi. Die dem Religiösen Führer des Landes, Ali Chamenei, nahestehende Tageszeitung Dschumhuri Islami (Islamische Republik) veröffentlichte jetzt ein angebliches Geständnis des in Teheran inhaftierten Regimekritikers. Darin räumt Sarkuhi ein, Kontakte zu deutschen und französischen Diplomaten gehabt und mit ihnen über die Errichtung eines laizistischen Staates gesprochen zu haben – Stoff für eine mögliche Anklage wegen Spionage. Laut Dschumhuri Islami soll Sarkuhi den Brief bereits im August verfaßt haben. Adressat sei der damalige Geheimdienstchef Ali Fallahian gewesen. Gegenüber dem Drahtzieher des Berliner Mykonos-Attentats habe der Schriftsteller seine „politischen Fehler“ einräumen wollen. Dschumhuri Islami veröffentlichte den Brief, teilweise faksimiliert, am 3. November – dem Jahrestag von Sarkuhis Verhaftung.
Nach Ansicht seiner in Berlin lebenden Familie ist das Schreiben gefälscht. Die von der Zeitung abgedruckte Handschrift stamme nicht von ihrem Mann, erklärte Sarkuhis Ehefrau Farideh Sebardschad gegenüber der taz.
Ein Teheraner Revolutionsgericht hatte Sarkuhi im September wegen „Propaganda gegen die Regierung“ zu einem Jahr Haft verurteilt. Im Vorfeld des Prozesses war auch von einer Anklage wegen Spionage für Deutschland die Rede gewesen, als „Gegenprozeß“ zum Berliner Mykonos-Verfahren. Hintergrund war ein Treffen von iranischen Schriftstellern 1996 im Haus des deutschen Kulturattachés in Teheran. Der Geheimdienst hatte die Runde gestürmt und die Literaten – darunter Sarkuhi – vorübergehend verhaftet.
Vor Prozeßbeginn hatte bereits der Generalsekretär der Islamischen Menschenrechtskommission Irans, Mohammed Hassan Siai-Far behauptet, er besitze ein Schreiben Sarkuhis, in dem dieser seine Kontakte zu deutschen und französischen Diplomaten bereue. Die Menschenrechtskommission ist eine reine Alibi-Organisation, ihr Chef Siai-Far gilt als Getreuer von Irans konservativem Religiösem Führer Chamenei – ebenso wie Dschumhuri Islami, die Zeitung, die jetzt Sarkuhis angeblichen Brief veröffentlichte. Thomas Dreger
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