: Protest in Nigeria unterdrückt
■ Mit einer Schweigeminute gedachten Oppositionelle des 1995 hingerichteten Ken Saro-Wiwa - öffentliche Veranstaltungen waren untersagt. Verhaftungen von Journalisten häufen sich
Berlin/Lagos (taz/AFP) – Zwei Jahre nach der Hinrichtung des Ogoni-Bürgerrechtlers Ken Saro- Wiwa hat die Militärregierung in Nigeria erneut bewiesen, daß sie Dissidenten nicht toleriert. Protestkundgebungen der demokratischen Opposition aus Anlaß des Todestages am Montag wurden verboten, ein starkes Armeeaufgebot in der größten nigerianischen Stadt Lagos sowie im Ogoni-Land verhinderte regimekritische Zusammenkünfte.
Bei einer privaten Zeremonie in Lagos gedachten führende Vertreter der demokratischen Opposition Ken Saro-Wiwas mit einer Schweigeminute. Der amtierende Vorsitzende der oppositionellen Nationalen Demokratischen Koalition (Nadeco), Senator Abraham Adesanya, kündigte für heute eine weitere Gedenkveranstaltung für den Anfang Oktober im Alter von 82 Jahren gestorbenen Nadeco-Präsidenten Adekunle Ajasin an. Auch diese Veranstaltung wurde untersagt.
Im Umfeld des Todestages von Saro-Wiwa leidet vor allem die unabhängige Presse in Nigeria unter zunehmender Repression. Ziel sind offenbar vor allem solche Journalisten, die in letzter Zeit über mögliche Pläne des regierenden Juntachefs Sani Abacha für eine Kandidatur bei den Präsidentschaftswahlen im August 1998 geschrieben haben. So wurde Onome Osifo-Whiskey, ein Chefredakteur der unabhängigen Wochenzeitung Tell, am Sonntag auf dem Weg zur Kirche entführt. Unbekannte Täter, vermutlich Sicherheitsagenten, blockierten auf der Straße sein Auto und verschleppten ihn. Zugleich wurden Autos des Wochenblatts vom Zeitungsgelände abgeschleppt. Osifo-Whiskey hatte letzte Woche eine Presseerklärung herausgegeben, wonach 22 Mitarbeiter von Tell auf einer „Schwarzen Liste“ stünden. Tell-Herausgeber Nosa Igiebor soll kürzlich aus Nigeria geflohen sein, um der Verhaftung zu entgehen. Seine Ehefrau wurde kurzzeitig festgenommen, als die Polizei ihn nicht fand.
Tell konnte aus diesen Gründen diese Woche ebensowenig erscheinen wie The News, eine andere regimekritische Zeitschrift. Am Samstag wurde News-Herausgeber Jenkins Alumona im Gebäude des Staatsfernsehens verhaftet. Er leitet dort jede Woche eine Sportsendung. Der Chefredakteur von The News, Bayo Onanuga, hält sich bereits im Untergrund auf. Ein anderer leitender Redakteur der Zeitschrift, Dapo Olorunyomi, floh bereits 1995 in die USA; seine zurückgebliebene Ehefrau wurde letzte Woche vorübergehend festgenommen. Am 25. Oktober entführten unbekannte Personen Soji Omotunde, Herausgeber des African Concord, das dem inhaftierten Sieger der annullierten Wahlen von 1993, Moshood Abiola, gehört. Der Leiter des Concord-Büros in der Hauptstadt Abuja befindet sich schon seit Juli in Haft.
Die nigerianische Regierung ist unterdessen dabei, diplomatische Punkte zu sammeln. Nachdem der von Großbritannien geführte Commonwealth vor zwei Wochen einen Ausschluß Nigerias vermied, ist das Land nun erstmals auch zum Gipfel der frankophonen Staaten Ende dieser Woche im vietnamesischen Hanoi eingeladen. Auch in Westafrika zementiert Nigeria seine Allianzen: Auf einen Besuch des Präsidenten von Ghana letzte Woche folgt diese Woche die Anreise der Präsidenten von Togo und Benin. D.J.
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