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Klimajobs beim Hausbau

Wärmedämmungsverordnung brächte 77.000 Arbeitsplätze  ■ Aus Berlin Matthias Urbach

In Deutschland könnten bis 2005 über 77.000 Jobs entstehen, falls die Bundesregierung eine vom WWF vorgeschlagene Novelle der Wärmeschutzverordnung umsetzen und Wärmedämmung an Privatgebäuden fördern würde. Das ergeben Rechnungen des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW), die der WWF gestern in Berlin präsentierte.

Fast 50 Millionen Tonnen Kohlendioxid will der WWF auf diese Weise pro Jahr einsparen, das entspricht gut fünf Prozent der Menge, die Deutschland jährlich von dem klimaschädlichen Gas in die Atmosphäre pustet – immerhin ein Drittel von dem, was die Bundesregierung auf dem Weg zu ihrem Klimaziel von minus 25 Prozent bis 2005 noch erzielen muß. Zum Vergleich: Umweltministerin Angela Merkel veranschlagt in ihrem jüngsten „Klimaaktionsprogramm“ nur maximal halb soviel CO2-Einsparung durch eine Wärmeschutz-Novelle. Und konkrete Entwürfe will Merkel erst im Frühjahr nachlegen. „Eine Mogelpackung“ nennt daher WWF-Klimaexperte Stephan Singer das Merkel-Programm. Es fehle „ein konkreter Beschluß vor dem Klimagipfel in Kioto“, der Bewegung in die festgefahrenen Verhandlungen bringe, kritisiert Singer.

Das DIW-Gutachten zeigt klar, daß Klimaschutz kein Jobkiller sein muß. Allerdings wäre das Programm auch „kein Mittel zur Bekämpfung der Arbeitslosigkeit“, wie DIW-Volkswirt Jürgen Blazejcak einräumt. Denn der Beschäftigungseffekt ist nur vorübergehend: im Jahr 2020 wären es nur noch knapp 11.000 Jobs, weil der Renovierungsaufwand langsam zurückgeht. In seiner Berechnung hat das DIW auch den Arbeitsplatzverlust in der Energiebranche berücksichtigt – immerhin 60.000 Jobs im Jahr 2020. Diese Stellen wären endgültig verloren. Dagegen stehen jedoch dauerhafte Jobgewinne in derselben Größenordnung auf der Habenseite, denn die gesparten Energiekosten (rund 19 Milliarden Mark im Jahr 2020) können anderweitig ausgegeben werden.

Für das WWF-Programm wäre kaum öffentliche Förderung nötig, weil sich die Investitionen durch die Energieersparnis nach wenigen Jahren amortisieren. Den Vorschlag für die Novelle der Wärmeschutzverordnung hat der WWF vom Darmstädter Institut Wohnen und Umwelt (IWU) entwickeln lassen. Sie sieht eine Pflicht vor, bei jeder fälligen Altbausanierung auch Energiesparmaßnahmen umzusetzen.

Die Dämmstandards für Neubauten sollen dem IWU zufolge um 30 Prozent verbessert, die Vorschriften für Altbauten entsprechend angepaßt werden. Schon in zehn Jahren könnte so ein Viertel der Raumwärme eingespart werden. Die Mustersanierung eines Mehrfamilienhauses von 1955 sähe etwa so aus: neue Dämmung an Dachboden, Keller und Fassade, neue Fenster, kontrollierte Gebäudelüftung mit Wärmetauscher und ein besserer Heizkessel. Kosten: 190 Mark pro Quadratmeter, eingesparte Wärme: 64 Prozent.

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