: Haider statt Europa für Österreich
■ Österreichs Euroskepsis schrumpft, aber die rechtsnationale FPÖ sammelt jetzt Unterschriften für ein Volksbegehren gegen den Euro
Wien (taz) – „Arbeitsplätze werden vernichtet und die Sparbücher werden auch nichts mehr wert sein, wenn der Euro kommt.“ Mit solchen Parolen geht Jörg Haider diese Woche in Österreich auf Stimmenfang gegen die gemeinsame europäische Währung. Von 24. November bis 1. Dezember liegt sein Anti-Euro-Volksbegehren zur Unterschrift auf. Gefordert wird eine Volksabstimmung über den Beitritt Österreichs zur Währungsunion.
„Ja zum Euro heißt Nein zu Österreich“ war das Motto einer von Haiders Freiheitlichen Partei Österreichs (FPÖ) veranstalteten Podiumsdiskussion wenige Tage vor dem Startschuß zum Volksbegehren. Höchst patriotische Töne für eine Partei, deren Chef vor einigen Jahren noch Österreich als „ideologische Mißgeburt“ enttarnt hatte. Doch die Linie paßt in das neue Image, das Haider in letzter Zeit seiner Truppe gegen den Widerstand des deutschnationalen Kerns aufgedrückt hat. Der Mittvierziger hat sich zum Verteidiger des harten Schillings aufgeschwungen, seit die Euroskeptiker in der Bevölkerung Aufwind haben. Vor allem die Generation, die durch Hyperinflation und Währungsreformen mehrmals ihr Erspartes verloren hat, will sich von der österreichischen Währung nicht trennen.
„Der Euro ist politisch verhängnisvoll. Er ist ein verbrecherisches Konzept“, konstatierte der deutsche Universitätsdozent Bernd- Thomas Ramb, den Haider für die Podiumsdiskussion als Kronzeugen seiner Thesen hatte einfliegen lassen. Da nützte es nichts, daß Staatssekretär Ruttensdorfer argumentierte, die Härte des Schillings sei einzig seiner engen Anbindung an die D-Mark zu verdanken, daß von Währungssouveränität auch jetzt keine Rede sein könne.
Gegen den Euro waren bisher in Österreich auch die Grünen – im Kontext des Protests gegen die Maastricht-Kriterien, die den EU- Ländern Rekordarbeitslosigkeit beschert haben. Doch sie sind zunehmend überzeugt, daß der Zug abgefahren ist und ein Ausscheren aus der Währungsunion für das von Deutschland extrem abhängige Land Wahnsinn wäre.
Im Laufe der letzten Wochen ist auch die Furcht der Österreicher vor der neuen Währung geschrumpft. Die meisten Medien stellen den Euro als das dar, was er für die Politiker längst ist, nämlich als fait accompli. Sie sind stolz, daß die Banknoten von einem Graphiker der österreichischen Nationalbank entworfen wurden und daß Österreich die Aufnahmeprüfung in die Währungsunion relativ souverän meistern wird. Das hat sich auch auf Haiders Kampagne bereits ausgewirkt. Susanne Riess- Passer, die die Volksbegehrensinitiative anführt, will sich nicht mehr auf ein generelles Nein festlegen, sondern „nur mit Zustimmung der Bevölkerung“. Und FPÖ-Wirtschaftssprecher Thomas Prinzhorn spricht nur mehr davon, daß der Beitritt „gegenwärtig“ nicht opportun sei. Selbst Parteichef Haider legt die Latte extrem niedrig: „Jede Unterschrift, die über die erforderlichen 100.000 hinausgeht, ist für uns ein Erfolg.“ Ralf Leonhard
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