■ Kommentar: Symbolische Mißachtung
Der heutige Internationale Tag gegen Gewalt gegen Frauen wird keinen großen Eindruck hinterlassen. Das ist bedauerlich, denn auch symbolische Aktionen führen dazu, sich die Brisanz des Themas wieder bewußtzumachen. Doch viel wichtiger ist die tägliche Arbeit von PädagogInnen und Frauenprojekten, um Gewalt gegen Frauen zu verhindern oder Frauen nach einer Gewalttat möglichst umfassend zu helfen.
Dabei müssen zwei Bereiche noch von zentralerer Bedeutung werden: Einerseits muß in Kindergärten und Schulen mehr Anti-Gewalt-Arbeit geleistet werden, um schon in den Kindern die herrschende Rollenverteilung aufzubrechen. Doch auch die beste präventive Arbeit kann Gewalt nicht verhindern. Um mißhandelten Frauen deshalb effektiver zu helfen, braucht es nicht nur genügend Zufluchtswohnungen und psychosoziale Beratung, sondern auch ein Umdenken der beteiligten Institutionen. So müssen beispielsweise PolizistInnen bei Gewalttaten wesentlich besser geschult werden, damit sie auch tatsächlich erkennen, daß es um geschlechtsspezifische Gewalt geht. Auch schon geltende Gesetze sollten strikter ausgelegt werden. Ein Richter wird einer geschlagenen Ehefrau aber erst die Wohnung zusprechen, wenn er erkannt hat, daß der Mann tatsächlich Gewalt angewandt hatte – denn bei einem Auszug wird die Frau doppelt bestraft. Trotz jahrelanger verdienstvoller Aufklärungsarbeit schaffen die Institutionen es immer noch nicht, dieses Problem zu meistern. Ein mißachteter Anti-Gewalt-Tag zeigt symbolisch dieses Defizit. Julia Naumann
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