: Für eine Handvoll Lächeln
■ Ex und hopp: Schülerin hat ihren Ex von einem Profi vermöbeln lassen
Wie so was läuft, hatte sie im Fernsehen gesehen: Gegen Cash –nen Killer kaufen, noch schnell und heimlich den abtrünnigen Ex-Liebhaber zeigen, der Rest bleibt dem bezahlten Fachmann überlassen. „Ich sollte ihn so verunstalten, also gesichtstechnisch, daß ihn keine Frau mehr ansieht“, beschreibt Ingo S. vor dem Amtsgericht seinen Auftrag. Den hat er zur vollsten Zufriedenheit von Jennifer S. ausgeführt. Der Ex-Lover landete im Krankenhaus und Ingo S. wegen gefährlicher Körperverletzung im Gefängnis. Händchenhaltend mit ihrem neuen Freund hört sich auch Jennifer S. das Urteil an. Lächelnd.
Der Fall spielt nicht in Chicago, sondern in Hamburg-Mümmelmannsberg, und die Auftraggeberin ist keine routinierte Mafiosibraut, sondern die 16jährige Schülerin Jennifer S. Daß derartige Racheakte im Gerichtssaal enden können, scheint das Fernsehen nicht mitgezeigt zu haben. Gnadenlos ehrlich und detailliert beschreiben der Angeklagte und seine Auftraggeberin, was an jenem Tag im April geschah.
Ingo S. ist ein bulliger Mann, einer, von dem mancher sagen würde, daß er ihm nachts lieber nicht alleine begegnen würde. Und Ingo S. braucht Geld. „Für Geld würde ich fast alles tun“, verriet er eines Tages einer Freundin. Die kam auf das pauschale Angebot zurück, als ihre damalige Mitbewohnerin Jennifer S. ihr erzählte, ihr Ex-Freund habe versucht, sie zu vergewaltigen. Mittlerweile glaubt die Mitbewohnerin nicht mehr an die Geschichte. Damals tat sie es noch und vermittelte den Schläger. Der machte sich umgehend ans Werk. Er lauerte am U-Bahnhof Mümmelmannsberg dem ahnungslosen Thomas B. auf, rief ihn mit den Worten „was machst du mit den Frauen?“an und schlug zu. Einmal, zweimal, bis Thomas B. auf dem Boden lag. Dann trat er ihm mehrmals ins Gesicht.
Bis auf die Sache mit den Fußtritten gesteht Ingo S. umfassend. Er redet sich um Kopf und Kragen. Jennifer lächelt bei ihrer Aussage, als würde sie eine bewundernswerte Tat im Jugendclub zum besten geben, und nicht vor einer staatlichen Instanz, die ihr demnächst selbst den Prozeß wegen Anstiftung zu gefährlicher Körperverletzung machen wird. Auch daß Ingo S. für drei Jahre ins Gefängnis muß, scheint sie nicht weiter zu interessieren. Das ist jetzt sein Problem, und nicht ihres. Sie hat ihn bezahlt, und damit ist die Sache für sie erledigt. Nicht einen Blick wirft sie ihm zu, als sie eingehakt am Arm ihres neuen Lovers scherzend mit diesem den Gerichtssaal verläßt.
Sich zum Helden aufzuspielen, versucht Ingo S. im Prozeß gar nicht erst. Wohl habe er an die Vergewaltigung geglaubt, losgezogen sei er jedoch nicht aus Rache, sondern des schnöden Mammons wegen. Eine Hand wäscht die andere. 400 Mark habe er dafür kassiert. „Lohnend“, dachte er damals, und „wenig“sagt er jetzt. Denn Jennifer S. habe erzählt, sie habe „für sowas“auch schon einmal 2000 Mark bezahlt. Danach befragt, verweigert sie im Gerichtssaal die Aussage. Lächelnd. Elke Spanner
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