: Steuern aufs Fliegen möglich
Bundesregierung kann im Alleingang den Flugverkehr verteuern ■ Von Reiner Metzger
Berlin (taz) – Die Bundesregierung könnte umgehend eine nationale Steuer auf die Emissionen im Flugverkehr einführen – wenn sie nur wollte. Laut einem Gutachten des Bremer Instituts für Umweltrecht im Auftrag von Robin Wood könnte diese Steuer auf Inlandsflüge begrenzt werden oder auch Flüge aus der Bundesrepublik bis zum ersten ausländischen Zielort erfassen.
Die Bundesregierung favorisiert die Einführung einer europaweiten Steuer auf Flugbenzin – zuletzt in einem Papier „Luftverkehr und Umwelt“ des Verkehrsministeriums vom September. Nur bei einer EU-weiten Einführung sei gesichert, daß einzelne Länder und deren Flugverkehrsindustrie nicht gegenüber anderen Staaten benachteiligt würden. Kerosin für Flugzeuge ist jedoch nach einer EU-Richtlinie von 1992 steuerfrei. Diese Richtlinie kann von den EU-Staaten nur einstimmig wiederaufgehoben werden. Da sich Frankreich, Spanien und Italien gegen eine Kerosinsteuer stemmen, ist damit in absehbarer Zeit nicht zu rechnen. Das gibt auch die Bundesregierung zu.
Ein weiterer Vorschlag des Verkehrsministeriums ist eine abgasabhängige Staffelung der Start- und-Lande-Gebühren, wie sie der Flughafen Zürich seit dem 1. September erhebt. Die größten Stinker zahlen dort 35 Prozent mehr als bisher. Flieger mit modernen Triebwerken – knapp die Hälfte der Maschinen – zahlen fünf Prozent weniger. Weil in Deutschland die Bundesländer bei den Flughäfen mitzureden haben, wäre hier eine langwierige Abstimmung zwischen Bund und Ländern nötig.
Das Institut für Umweltrecht hat sowohl die Verfassungsmäßigkeit verschiedener Abgaben als auch EU-Gesetze geprüft. Ergebnis: Anders als Flughäfen oder Flugbenzin kann die Bundesregierung das Fliegen selbst im Alleingang besteuern.
„Die Steuer könnte schrittweise eingeführt werden, damit sich Reisende, Handel und Fluggesellschaften auf die Veränderungen einstellen können“, so Andrea Meyer, Verkehrsexpertin von Robin Wood. Weil die Emissionen in Flughöhe nicht direkt meßbar sind, könnten die Abgaben nach Flughöhe, Art des Flugzeugs und Kerosinverbrauch gestaffelt werden.
„Entscheidend ist, daß der Preis für einen Flug den ökologischen Folgen Rechnung trägt“, sagt Meyer. „Wenn sich die EU oder gar die internationale Staatengemeinschaft auf die Einführung einer einheitlichen Kerosin- oder Kohlendioxidsteuer geeinigt haben, kann die nationale Steuer problemlos wieder abgeschafft werden.“ Der Flugverkehr trägt zwischen 3 und 14 Prozent zum CO2- Ausstoß des Verkehrs in Deutschland bei – je nachdem, ob nur Flüge in Deutschland oder die Flüge der Deutschen in aller Welt betrachtet werden.
Das Bundesverkehrsministerium will zwar den Schadstoffausstoß der Flugzeuge begrenzen, sieht aber bei einem nationalen Alleingang unter anderem Gefahren für die Arbeitsplätze auf den deutschen Flughäfen. Die entsprechenden Betriebe könnten ins nahe Ausland abwandern, so die Befürchtung. „Außerdem hat die Bundesrepublik zirka 140 bilaterale Luftverkehrsabkommen mit anderen Staaten geschlossen“, gibt Ministeriumssprecher Franz-Josef Schneiders zu bedenken. „Da müßte erst geprüft werden, ob diese Verträge von einer solchen Emissionssteuer betroffen wären.“
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