: Himmel frei für den Eurofighter
Der Bundestag beschließt die Anschaffung des umstrittenen Rüstungsprojekts. Stückpreis liegt bei mindestens 125 Millionen Mark. Rechnungshof schätzt Kosten höher ■ Von Bettina Gaus
Bonn (taz) – Die Entscheidung über das größte Rüstungsprojekt in der Geschichte der Bundesrepublik war in einem Teil des Gesamthaushalts für 1998 versteckt, wie er routinemäßig Jahr für Jahr verabschiedet wird. Gestern aber stimmte die Mehrheit der Abgeordneten mit ihrer Zustimmung zum Einzelplan 14 des Verteidigungsministeriums gleichzeitig der Beschaffung des Eurofighters zu. Damit steht nun fest: Das umstrittene Jagdflugzeug wird gekauft.
Die Oppositionsparteien hatten zuvor in getrennten Änderungsanträgen versucht, die geplante Beschaffung von insgesamt 180 Maschinen doch noch zu verhindern. SPD und Grüne verlangten dafür sogar namentliche Abstimmungen. Vergeblich. Die Koalitionsfraktionen stimmten geschlossen für den Einzelpan 14, die Opposition war geschlossen dagegen.
Selbst ein Abgeordneter wie der FDP-Politiker Jürgen Koppelin, der sich in der Vergangenheit mehrfach kritisch über den Eurofighter geäußert hatte, verteidigte das Projekt plötzlich gestern im Plenum. Es gehe um die Grundsatzentscheidung, ob ein neues Flugzeug für die Luftwaffe angeschafft werde. „Die Maschinen, die wir jetzt haben, sind völlig überaltert“, erwiderte der FDP-Parlamentarier auf einen Zwischenruf aus den Reihen der SPD. Außerdem, so versprach er, würden Verteidigungs- und Haushaltsausschuß Kosten und Beschaffung „weiterhin kritisch begleiten“. – Unruhe und Gelächter im Plenum.
Mindestens 23 Milliarden Mark, nach Schätzung des Bundesrechnungshofes sogar 32 Milliarden Mark, werden die Jagdflugzeuge kosten. Im ausgehandelten Systempreis von 125,4 Millionen Mark sind bestimmte Leistungen nicht enthalten, so auch nicht die Bewaffnung außer der Bordkanone.
Die hohen Kosten waren ein Kernpunkt der Kritik von Oppositionspolitikern. „Dieses Land kann sich heute dieses neue Flugzeug einfach nicht mehr leisten“, sagte der SPD-Wehrexperte Walter Kolbow. Es handele sich um ein „gesellschaftliches Spalterprojekt“. Der PDS-Abgeordnete Heinrich Graf von Einsiedel nannte den Eurofighter das „sinnloseste und überflüssigste Rüstungsprojekt seit dem Flottenbau durch Wilhelm II.“. Angelika Beer von den Grünen sieht durch das Projekt den sozialen Frieden bedroht: „Milliarden, die für den Erhalt des Sozialstaates benötigt würden, schieben Sie der Rüstungsindustrie in den Rachen.“
Verteidigungsminister Volker Rühe wies die Kritik zurück. „Wenn das Flugzeug nicht gebraucht würde, würde es nicht bestellt“, sagte er. Er erklärte, einige Flugzeuge der Bundeswehr seien 40 Jahre alt: „Irgendwann ist es nicht mehr verantwortbar, Piloten mit diesen Flugzeugen in den Einsatz zu schicken.“ Aus sicherheitspolitischen Gründen werde auch weiterhin ein Jagdflugzeug gebraucht. Man könne „nicht das ganze Land mit Raketen zupflastern“, um den Luftraum zu verteidigen, sagte der Minister. Gegen wen, sagte er nicht.
40.000 mal Danke!
40.000 Menschen beteiligen sich bei taz zahl ich – weil unabhängiger, kritischer Journalismus in diesen Zeiten gebraucht wird. Weil es die taz braucht. Dafür möchten wir uns herzlich bedanken! Ihre Solidarität sorgt dafür, dass taz.de für alle frei zugänglich bleibt. Denn wir verstehen Journalismus nicht nur als Ware, sondern als öffentliches Gut. Was uns besonders macht? Sie, unsere Leser*innen. Sie wissen: Zahlen muss niemand, aber guter Journalismus hat seinen Preis. Und immer mehr machen mit und entscheiden sich für eine freiwillige Unterstützung der taz! Dieser Schub trägt uns gemeinsam in die Zukunft. Wir suchen auch weiterhin Unterstützung: suchen wir auch weiterhin Ihre Unterstützung. Setzen auch Sie jetzt ein Zeichen für kritischen Journalismus – schon mit 5 Euro im Monat! Jetzt unterstützen