■ Mit Thyssen und Krupp auf du und du: Bosse und Steuern sparen
Berlin (taz) – In dieser Woche geht das Fusionstheater der Stahlgiganten Thyssen und Krupp in die nächste Runde. Beide Konzerne wollen neu verhandeln. Der Thyssen-Aufsichtsrat hatte es am Ende der letzten Woche wieder spannend gemacht: Statt, wie erwartet, eine Entscheidung bekanntzugeben, teilte der Konzern in 13 Zeilen lapidar mit, die „angestrebte Fusion weiterzuverfolgen“. Bisher stand nur der Führungsstreit zwischen den Konzernchefs – Dieter Vogel von Thyssen und Gerhard Cromme von Krupp – einer Einigung im Wege.
Thyssen-Chef Dieter Vogel will die noch offenen Streitfragen nun bis Ende Dezember geklärt haben, sagte er in der gestrigen Ausgabe des Handelsblatts. Thyssen strebt nach den Worten Vogels eine Lösung an, die den „Charakter und Geist einer Verschmelzung“ trägt. Bislang war Vogel in den Medien mit dem Bestreben zitiert worden, Thyssen sollte Krupp übernehmen.
Die Steuerfrage scheint derzeit die Hauptbelastung für die Verhandlungen. Solange die steuerlichen Folgen der Verschmelzung noch nicht verbindlich geklärt seien, sei man handlungsunfähig, schrieb die Frankfurter Allgemeinen Zeitung unter Berufung auf den Thyssen- Aufsichtsratschef Kriwet. Nach Angaben des Blattes würde eine Übernahme des Krupp-Konzerns durch den größeren Thyssen-Konzern keine Steuerpflicht auslösen, während die Schätzungen für verschiedene Verschmelzungsmodelle zwischen 100 und 500 Millionen Mark zusätzliche Steuerbelastung ergäben.
Inzwischen hat sich auch der Betriebsrat von Thyssen zu Wort gemeldet. Um die Montanmitbestimmung der Arbeitnehmer zu erhalten, sollte Thyssen den Juniorpartner Krupp übernehmen, forderte Betriebsratschef Dieter Kroll. Da es im Aufsichtsrat von Krupp keine Montanmitbestimmung gebe, würden die Arbeitnehmer im Falle einer Fusion zu den Verlieren gehören. Zudem fielen bei Gründung einer neuen Gesellschaft zusätzliche Steuerbelastungen in Höhe von 300 Millionen Mark an.
Gegenüber der taz wies Dieter Kroll auf die weitere Gefahr hin, daß Aktionäre mit Anfechtungsklagen gegen eine Verschmelzung vorgehen könnten. „Damit wird die Handlungsfähigkeit des neuen Konzerns in Frage gestellt“, sagte er.
Die Aktionäre von Thyssen können dem Fusionstheater gelassen entgegensehen. Egal, wie die Gespräche ausgehen, bei ihnen klingelt es zunächst in der Kasse: Thyssen kündigte letzte Woche nach Vorlage eines Rekordergebnisses in den ersten neun Monaten von 1997 an, die Dividende von acht auf zehn Mark zu erhöhen. Ulf Laessing
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