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Klimatheorie auf dem Prüfstand

Grundannahmen der Klimaforschung sind für manche ungesichert. Die Umweltbewegung sollte wohl nicht nur auf den Treibhauseffekt als Sachzwang setzen  ■ Aus Bonn Andreas Hauschild

Allgemein akzeptierte Annahmen zum Weltklima in Frage stellen – das wollte die Europäische Akademie für Umweltfragen mit der Tagung „Klimaveränderungen – Ursachen und Auswirkungen“ im November in Bonn. Es wurden Arbeiten diskutiert, die substantiell der Vorstellung widersprachen, der unverminderte Kohlendioxidausstoß der menschlichen Zivilisation habe eine signifikante Erwärmung der Atmosphäre in naher Zukunft zur Folge, mit unabsehbaren Konsequenzen.

Zwei der insgesamt elf Beiträge entfielen auf die renommierte und etablierte Klimaforschung. Sie sahen in den Treibhausgasen die Ursache für die beobachtete Erwärmung der Atmosphäre. Danach werde die überall verwendete Temperaturreihe des 20. Jahrhunderts – aufgestellt von dem Meteorologen Jones – am besten reproduziert durch eine Kombination folgender Elemente: Aerosole oder gasförmige Luftverunreinigungen kühlen die Atmosphäre um 0,3 Grad Celsius. Die Änderungen der Sonnenaktivität führen zu Temperaturänderungen von plus/minus etwa einem halben Grad. Ausschlaggebend aber wären nach diesen Rechnungen die Treibhausgase, die die Luft maximal ein Grad bis zum heutigen Tag erwärmt hätten.

Andere Klimaforscher zweifelten diese Ergebnisse jedoch stark an. Die folgenden Beiträge dienten der Begründung der Gegenthese: Die Temperaturänderungen der Vergangenheit seien durch die Sonne verursacht, der gemessene Anstieg der CO2-Konzentrationen sei nur Folge und nicht Ursache der Temperaturänderungen. Eine Änderung der CO2-Konzentration sei ohne Bedeutung für den Wärmehaushalt der Erde. Außerdem seien die vom Menschen verursachten Emissionen von CO2 viel kleiner als die Fähigkeit der biologischen, chemischen und geologischen Prozesse, Kohlenstoff wieder aus der Atmosphäre zu entfernen.

Wie bei der gängigen Klimatheorie auch, beruhten viele Argumente der Kritiker auf Abschätzungen, indirekten Messungen, Korrelationsanalysen und einer anderen Auswahl von Datenreihen, die als zuverlässig betrachtet werden. Zumindest drei Beiträge haben einen fundamentalen Charakter und verdienen größere Aufmerksamkeit.

Der Chemiker Jack Barrett von der Gold Biohydrometall Chemical Consultancy in Kingston upon Thames in Großbritannien argumentierte im Gegensatz zur Mehrheit der Klimaforscher, daß zusätzliches CO2 in der Atmosphäre gar keinen zusätzlichen Treibhauseffekt haben könne, weil schon das derzeit vorhandene Gas die aufgenommene Wärmestrahlung der Erde nahezu ausschließlich an die Luft abgäbe und sie nicht wieder abstrahle. Seine Vorstellungen werden durch bestimmte Messungen in der Atmosphäre gestützt. Die schon zwei Jahre andauernde, sehr kontroverse Diskussion dieser Interpretation ist nicht abgeschlossen.

Theodor Landscheidt vom Schroeter Institute im kanadischen Cabot Trail stellte seine seit vielen Jahren bekannte These vor. Danach können die Temperaturschwankungen auf der Erde auf physikalische Eigenschaften der Sonne zurückgeführt werden. Landscheidt kann zeigen, daß die Änderungen der Sonnenwindintensität gut mit den Rotations- und Schwingungsfrequenzen der Sonne übereinstimmen. Wenn Landscheidt die Änderungen im energiereichen Partikelstrom des Sonnenwinds berücksichtigt, kann er seine Theorie auf viele meteorologische Daten der Erde überraschend erfolgreich anwenden und auch statistische Vorhersagen von El Niño oder Dürren machen.

Henrik Svensmark vom Dänischen Meteorologischen Institut in Kopenhagen trug seine Theorie vor, wonach Partikel des Sonnenwinds die Wolkenbildung global im Bereich von drei Prozent variieren. Trifft dies zu, wäre es eine Erklärung dafür, wie eine kleine Variation der Sonnenaktivität große Temperaturänderungen auf der Erde zur Folge haben kann.

Die Erklärung der Temperaturvariationen der Vergangenheit durch die Schwankungen der Sonnenaktivität allein reicht nicht als Beweis, daß die These von der „globalen Erwärmung“ falsch sei. Allein die Tatsache, daß der dynamische Zustand des Ozeans unbekannt ist, bedeutet, daß nicht geklärt werden kann, ob die „globale Erwärmung“ jetzt oder in 50 Jahren einsetzt. Erst mit den Arbeiten des Briten Barrett wird es eine Gegenthese. Denn danach kann zusätzliches CO2 in der Atmosphäre den Strahlungshaushalt und damit auch den Wärmehaushalt der Erde nicht ändern.

Die Existenz einer solchen Gegenthese sollte nicht allzusehr verwundern. Das Klima ist ein experimentell unzugängliches System mit beispielloser Komplexität. Zuverlässige Ergebnisse entstammen im wesentlichen experimentellen Wissenschaftsbereichen. Mit dem Erdklima hingegen kann und darf man nicht experimentieren. Es ist von daher nicht zu erwarten, daß eine Eindeutigkeit in der Interpretation verfügbarer Messungen innerhalb weniger Jahrzehnte erreicht werden kann.

Was folgt nun daraus: Sollte sich die Gegenthese zur These der „globalen Erwärmung“ in den nächsten Jahren erhärten, hätte dies erhebliche Konsequenzen für weite Teile der Umweltbewegung, die immer stärker klimapolitisch argumentiert – wie in der Energie- und Verkehrspolitik. Wenn sich die Gegenthese durchsetzt, bleibt von der Umweltpolitik sonst nicht mehr viel übrig. Wenn sich die Meinung durchsetzt, die Frage ist nicht in absehbarer Zeit klärbar, wird die Umweltpolitik von denjenigen bestimmt, die rechtzeitig das Klima politisch behandeln und nicht als wissenschaftlichen, drängenden Sachzwang – die Umweltschützer laufen Gefahr, als Panikmacher wahrgenommen zu werden. Man ist wohl gut beraten, gut erforschte Probleme wie die belastete Stadtluft oder erhöhte Atemwegserkrankungen, die auch klare Ursachen haben, nicht gleich der „drohenden Klimakatastrophe“ zu subsummieren.

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