: Goldesel mit Zweckentfremdung
■ Zweifelhaft: Der Senat will sich von der Stiftung „Wohnliche Stadt“Geld leihen, um Teile des Kulturetats zu finanzieren
Die Stadt Bremen ist pleite, da blicken die Verwalter öffentlicher Haushalte auf jede Quelle, die noch Geld sprudeln läßt. Einer dieser wenigen Bremer Goldesel ist die 1980 gegründete Stiftung „Wohnliche Stadt“. Sie wird aus der Spielbankabgabe gespeist und hat Bremen die Neustädter Weserpromenade und ungezählte Kunstwerke im öffentlichen Raum beschert. Auch in die Sanierung von Glocke und Kunsthalle sowie in das „Übermaxx“ließ und läßt sie Mittel fließen. Jetzt soll die Stiftung selbst zur Bank werden: Der Senat will sich zunächst 16 Millionen Mark von der „Wohnlichen Stadt“leihen, um den höheren Kulturetat des kommenden Jahres zu finanzieren, und stellt einen neuen Schattenhaushalt auf wacklige Füße.
„Offiziell weiß ich davon nichts“, sagt Stiftungsvorstand Horst Heise. Inoffiziell hat er aber schon jetzt reichlich Bedenken: „Ohne Verzinsung kann ich das nicht machen“, fährt Heise fort und sieht deshalb keinen Grund, „warum die sich das nicht von einer Bank leihen“.
Zwischen Verleihen und Verschenken gibt es bei der Stiftung „Wohnliche Stadt“erhebliche Unterschiede. Die rund 163 Millionen Mark „Spielergeld“, die zwischen 1980 und 1994 in die Verschönerung des Stadtbildes geflossen sind, haben Bonbon-Charakter: Nach der Satzung durften und dürfen sie nicht als Verstärkungsmittel des öffentlichen Haushalts – genauer: für konsumtive Zwecke – verwendet werden. Über das Geld-Verleihen steht in der Satzung nichts Konkretes. Um Rücklagen für größere Projekte zu bilden, darf die Stiftung Geld anlegen – dies allerdings „ertragbringend“. Erst einmal haben Heise und Co. Geld verliehen: Weil die Bundeszuschüsse zur Sanierung der Kunsthalle in Raten gezahlt werden, sei die Stiftung eingesprungen, erläutert Heise.
Doch zwischen Kunsthalle und Landesregierung macht er Unterschiede: „Eigentlich gehört es sich, uns zu beteiligen“, wiederholt der immer wieder mit ähnlichen Plänen des Senats oder einzelner SenatorInnen konfrontierte Heise. Ebendies will Kultursenatorin Bringfriede Kahrs (SPD) am Montag nachholen. Wie berichtet, hatte Kahrs angekündigt, daß ihre Fachleute einen Weg durch den Satzungsdschungel finden werden. ck
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