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EuGH fordert mehr Transparenz für deutsche Firmen

■ Deutsche Kapitalgesellschaften verweigern fast geschlossen die Veröffentlichung ihrer Bilanzen. Regierung drückt sich vor Strafverfolgung, kann aber trotzdem kaum verklagt werden

Freiburg (taz) – Kaum eine der rund 500.000 deutschen GmbH veröffentlicht ihren Jahresabschluß, obwohl sie dazu seit 1987 gesetzlich verpflichtet sind. Bislang war das kein Problem. Der Gesetzesverstoß wurde in Deutschland nicht verfolgt. Jetzt aber zieht der Europäische Gerichtshof (EuGH) in Luxemburg die Zügel an. In einem gestern ergangenen Urteil stellt das EU-Gericht klar: Die deutsche Praxis „verstößt gegen Gemeinschaftsrecht“.

Anlaß für die Entscheidung war ein Streit unter den deutschen Vertriebspartnern der japanischen Automarke Daihatsu. Nachdem die Generalimporteurin, die Daihatsu Deutschland GmbH, die Provisionen der einzelnen Händler kürzte, verlangten diese eine Offenlegung der Jahresbilanzen. Die Händler wollten wissen, ob es mit der Importfirma wirklich so schlecht stand, wie diese behauptete. Vor Gericht scheiterten die Händler jedoch mit ihrem Ansinnen in mehreren Instanzen. Nach dem deutschen Handelsgesetzbuch kann die Bilanzveröffentlichung nämlich weder vom Staat noch von Geschäftspartnern erzwungen werden. Durchsetzen können diese Pflicht nur Gesellschafter, Gläubiger oder der Betriebsrat.

Wie der EuGH auf Anfrage des Oberlandesgerichts in Düsseldorf jetzt feststellte, widerspricht diese Regelung dem EU-Recht. Dort wird die Publizität zum Nutzen des allgemeinen Geschäftsverkehrs gefordert und nicht nur, wie im deutschen Handelsgesetz, zugunsten weniger Gruppen.

Dennoch bleiben die Bücher der Daihatsu GmbH für die deutschen Händler auch in Zukunft geschlossen. Denn eine nicht oder falsch umgesetzte EU-Richtlinie verdrängt nur dann das deutsche Recht, wenn sie dem einzelnen Bürger Rechte gegen den Staat verleiht. Hier jedoch ging es um Rechte gegenüber der ebenfalls privaten Daihatsu GmbH.

In solchen Fällen ist es nur möglich, daß die Bundesrepublik auf Schadensersatz verklagt wird, weil sie die EU-Richtlinie nicht richtig umgesetzt hat. Darauf hat der EuGH gestern ausdrücklich hingewiesen. Ob die Händler nun aber tatsächlich gegen die Bundesregierung vorgehen werden, war gestern noch unklar. „Ohne Kenntnis der Daihatsu-Bilanzen können wir unseren Schaden nur schwer beziffern“, gab Ralf Diedrichs, der Schriftführer des Händlerverbandes, zu bedenken.

Noch nicht entschieden hat der EuGH eine ähnliche Klage der EU-Kommission, die sich direkt gegen die Bundesregierung wendet (taz 9.1. 1997). Auch hier geht es um die mangelhafte Umsetzung der EU-Publizitätsvorschriften. Diese in der Sache sehr erfolgversprechende Klage könnte allerdings ausgehen wie das berühmte Hornberger Schießen. Möglicherweise ist der EU-Kommission bei der Klageerhebung nämlich ein formaler Fehler unterlaufen, wie der unabhängige Generalanwalt am EuGH jüngst feststellte. Am 9.Dezember hat der EuGH deshalb eine erneute mündliche Verhandlung angesetzt. (Az.: C-97/96) Christian Rath

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