: Viel Lärm, wenig Resultate
■ Auf der Londoner Goldraub-Konferenz waren die Reaktionen auf Einrichtung eines Fonds für Holocaust-Überlebende geteilt. Anteil geraubten Privatgoldes größer als angenommen
Berlin (AFP/taz) – Die Londoner Konferenz über das Raubgold der Nazis ging gestern abend mit einer großen Enttäuschung und einer kleinen Hoffnung zu Ende. Die Konferenz hatte sich die Aufgabe gestellt, die Herkunft des Goldes zu klären und den Weg zu rekonstruieren, den es während und nach dem Zweiten Weltkrieg genommen hat. Was das Gold anbelangt, das den Zentralbanken der von der Nazi-Wehrmacht besetzten Länder abgenommen wurde, gab es auf der Konferenz keine Erkenntnisprobleme.
Anders verhält es sich mit dem „nicht monetären“, also Privatpersonen geraubten Gold. Nach dem amerikanischen Wissenschaftler Eizenstat, Verfasser des gleichnamigen Berichts und Mitglied der USA-Delegation in London, klafft hier eine „Wissenslücke“. Es wurden aber auf der Konferenz Tatsachen bekannt, die nahelegen, daß in weit höherem Maße als bislang angenommen „nicht monetäres“, Gold nach dem Krieg in den Besitz westlicher Alliierter gelangt ist. Dieses Gold wurde ohne Berücksichtigung der Opfer bzw. deren Nachkommen dem Staatsschatz derjenigen Länder einverleibt, die wegen der Plünderung ihrer Goldreserven durch die Nazis Ansprüche gegenüber der „Tripartite Comission“, dem Verteilerorgan, vorgebracht hatten.
Folgerichtig forderten die auf der Konferenz anwesenden Interessenvertretungen der Opfer Restitution von seiten der damals begünstigten Staaten. Der Jewish World Congress verlangte zudem, daß die Akten der Tripartite Comission geöffnet würden. Auch der Vatikan, Empfänger größerer Goldlieferungen aus Kroatien, wurde aufgefordert, Einblick in seine Buchhaltung zu gewähren. Bei so viel Wunsch nach Transparenz ließ sich die Degussa, schon damals die größte deutsche Goldschmelze, nicht lumpen. Sie kündigte die Öffnung ihrer Akten an.
Einen kleinen Grund zur Hoffnung bildet die Gründung eines Fonds zugunsten der überlebenden Opfer des Holocaust, für den die anspruchsberechtigten Länder auf ihre Goldquote verzichten sollen. Die USA und Großbritannien haben bereits ein paar Millionen Dollar eingezahlt, weitere Länder, so Polen, wollen folgen. Dagegen haben Frankreich und Niederlande, vorrangige Anspruchsberechtigte, abgewunken. Sie wollen ihre Juden selbst enschädigen. Auch die Schweiz weigert sich, sie verweist auf ihren eigenen Humanitären Fonds. Deutschland ziert sich noch. Dabei hätte es starke potentielle Einzahler – die Deutsche und die Dresdner Bank. Nach gehörigem Druck, versteht sich.
Auf die Londoner Konferenz soll eine zweite im Frühsommer 1998 in Washington folgen. Sie soll sich mit dem Verbleib von geraubten Aktienpaketen, Versicherungen und Kunstgegenständen beschäftigen. C.S.
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