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Künstliche Gene wandern weiter

Herbizidresistenter Raps streut seine Manipulation  ■ Aus Hannover Jürgen Voges

Gentechnisch veränderte Rapspflanzen auf einem Versuchsfeld in Gehrden bei Hannover haben ihr Herbizid-Resistenz-Gen an normalen Raps in der Umgebung weitergegeben. Noch in 200 Meter Entfernung von dem Versuchsfeld der Hoechst/Schering-Tochter AgrEvo hat das niedersächsische Landesamt für Ökologie (NLÖ) jetzt die Umwandlung von normalem Raps in transgenen, herbizidresistenten Raps nachweisen können. Für die niedersächsische Umweltministerin Monika Griefahn bestätigen die NLÖ-Forschungen in Gehrden schlimme Befürchtungen. „Einmal in die Umwelt entlassene manipulierte Gene lassen sich nicht wirksam eingrenzen“, sagte Griefahn gestern in Hannover. Auch bei Gentech-Pflanzen würden Bienen und Wind für die Verbreitung der Pollen und damit der künstlichen Gene sorgen.

Der Freilandversuch mit dem genmanipulierten Raps, der gegen das Totalherbizid Basta resistent ist, wurde 1995 gegen Griefahns Widerstand vom zuständigen Berliner Robert-Koch-Institut zugelassen. Um ihr Versuchsfeld mußte die AgrEvo lediglich einen acht Meter breiten Sicherheitsstreifen anlegen. Niedersachsen finanzierte mit insgesamt 450.000 Mark von sich aus ein Begleitforschungsprogramm zu dem Freisetzungsversuch. Im Umkreis von 1.000 Metern um das Versuchsfeld ließ das NLÖ die Pflanzen registrieren und sammelte mehrere hunderttausend Samen von Wildkräutern und normalem Raps, die in der Umgebung wachsen.

Bisher hat das NLÖ nur die gesammelten Rapssamen auf eine Einkreuzung des Basta-Resistenz- Gens hin untersucht. Man setzte sie einer Nährlösung aus, die das Herbizid Basta enthielt. Samen, die trotz Basta zu Pflanzen keimten, wurden anschließend molekularbiologisch auf das Herbizid-Resistenz-Gen getestet. Landesumweltministerin Griefahn befürchtet, daß bei weiteren Keimversuchen auch bei Wildkräutern Einkreuzungen des Resistenz-Gens festgestellt werden. Möglich wäre dies bei Pflanzen, die dem Raps verwandt sind, etwa beim Ackersenf, dem Ackerschöterich oder dem Wilden Rettich. Eine Einkreuzung des Resistenz-Gens auch in diese Pflanzen würde das ganze Konzept der Totalherbizide in Frage stellen, bei dem zusammen mit dem Samen der genmanipulierten Pflanze auch gleich das entsprechende Herbizid verkauft werden soll. Wildpflanzen, die das Resistenz-Gen vom Gen-Raps aufgeschnappt hätten, würden trotz Basta prächtig als Unkraut gedeihen.

Nach den ersten NLÖ-Befunden steht für Monika Griefahn in jedem Fall fest, „daß in der Nachbarschaft transgener Felder angebaute Pflanzen selbst transgen werden können“. Dieses schade auch Landwirten, die gentechnisch veränderte Pflanzen ablehnten. Sie könnten den Verbraucherinnen und Verbrauchern nicht mehr garantieren, daß ihre Produkte nicht genmanipuliert sind.

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