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Konsequent ist die Brüsseler Regelung nicht

■ Minister Seehofer hat recht: Das Werbeverbot ist nicht zu Ende gedacht. Nur sind seine Vorstellungen keineswegs besser. Der Regierung sind Steuern wichtiger als gesunde Lungen

Da hat das Bonner Kabinettsmitglied Horst Seehofer schon recht: Was die 15 Gesundheitsminister der EU in Brüssel beschlossen haben, ist alles andere als klar und konsequent.

Die Werbung für Zigaretten und Tabak wird verboten, aber noch nicht gleich und noch nicht für alle, und Firmen, die schon bisher besonders phantasievoll warben, dürfen das auch weiterhin tun.

Eingeführte Werbeartikel wie Camel-Boots, Camel-Socken und Camel-Jacken beispielsweise wird es auch nach 2006 noch geben, wenn alle anderen Formen der Zigarettenwerbung endgültig verboten sind.

Doch was der deutsche Gesundheitsminister forderte, nämlich die Meinungsfreiheit für die Hersteller legaler Suchtmittel, ist auch nicht besonders konsequent. Der Bundesregierung ist kein Geschütz zu schwer, wenn es gegen Haschisch und Marihuana geht.

Beim Gesundheitskiller Nr. 1 aber glaubt sie plötzlich nicht mehr an die heilsame Wirkung von Verboten. „Ich habe keine überzogene Erwartung an die Bewußtseinsveränderung durch die Richtlinie“, höhnte Seehofer, der gleichzeitig betont, die Bundesregierung wolle lieber freiwillige Vereinbarungen der Industrie zur Selbstbeschränkung bei Zigarettenwerbung erreichen. Wozu eigentlich, wenn die Werbung doch gar keine Auswirkung auf das Rauchverhalten hat?

Studien, wenn sie nicht gerade von Philip Morris in Auftrag gegeben sind, kommen in der Regel zu dem Schluß, daß Zigarettenwerbung vor allem Jugendliche zum Rauchen verführt. Aber vielleicht pocht Seehofer deshalb so auf die Meinungsfreiheit, weil die selbst einem Gesundheitsminister erlaubt, gegen jede Vernunft zu reden. Wäre es dem Minister Seehofer wirklich um eine möglichst widerspruchsfreie EU-Richtlinie gegangen, dann hätte er dazu alle Mittel in der Hand gehabt.

12 Stunden haben die 15 Gesundheitsminister in Brüssel gefeilscht. Sieben Länder waren für ein klares Werbeverbot. Um eine qualifizierte Mehrheit zustande zu bringen, mußten sie immer neue Ausnahmeregeln einbauen, um Großbritannien, Griechenland und Schweden ins Boot zu ziehen. Hätte die Bundesregierung zugestimmt, wäre das nicht nötig geworden. Deutschland hat im Ministerrat zehn Stimmen, mehr als Griechenland und Schweden zusammen.

Meinungsfreiheit, der Vorteil freiwilliger Vereinbarungen – das sind vorgeschobene Argumente. Der Bundesregierung sind die Einnahmen aus der Tabaksteuer und die Sponsorgelder der Zigarettenindustrie einfach wichtiger als die Lungen der heranwachsenden Generation.

Rauchen schadet zwar der Gesundheit, nutzt aber der Wirtschaft und damit der Regierung. Weil das aber ein Gesundheitsminister nicht laut sagen kann, mußte er in Brüssel eine seltsame Performance im Eiertanz hinlegen. Alois Berger, Brüssel

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