: Wo nachts Dächer leuchten
■ Die umgebaute Bremer Kunsthalle beeindruckt durch viele Details / Ein Rundgang
Abends leuchtet die Bremer Kunsthalle gespenstisch. Rund um die Uhr wird das Museum jetzt geheizt, und die Glasdächer über den Gebäudevorsprüngen scheinen zu glühen, wenn es dunkel wird. Zumindest nachts inszenieren die Museumsleute nach knapp zweijähriger Umbaupause ihr Schauspiel namens Wiedereröffnung einigermaßen spektakulär. Die steht zwar erst im März nächsten Jahres auf dem Programm. Doch schon jetzt luden sie ein, um mit dem fast fertiggestellten 22-Millionen-Mark-Projekt Eindruck zu machen.
Was gar nicht einfach ist. „Alles ist so, wie es früher war, doch nichts davon ist alt“, sagt Kunsthallendirektor Wulf Herzogenrath. Und fast sieht man dem Museumsmann die Befürchtung an, der Effekt der Sanierung könnte verpuffen. Tatsächlich hat die neue Kunsthalle für sensationsgierige Naturen nicht viel zu bieten. Der Charme des vom Bremer Architektenbüro Dahms/Sieber verantworteten Umbaus verbirgt sich eher in Details.
Die auffälligste Veränderung haben Wolfram Dahms und Co im Foyer plaziert, die augenfälligste aber in der ersten Etage. So haben die Architekten die Treppe aus dem Eingangsbereich des 1847 errichteten, danach mehrfach erweiterten und im Krieg zum Teil zerstörten Baus an den Rand verlegt. Ein neuer Saal für Kunst ist so entstanden, der durch ein ovales Loch in der Decke mit Licht geflutet wird und den Blick auf die überraschendste Neuerung freigibt: Sie ist bunt.
Brombeerfarben sind die Wände der Hauptsäle im ersten Stock gefärbt, in den Nebenräumen wechseln Khaki mit einer Note Mint, Zitronengelb, Grau oder ein Blau mit stark preußischem Einschlag einander ab. Eine Mixtur nicht ohne Hintergedanken: „In die blauen Räume kommt die Kunst der Goethezeit“, kündigt Wulf Herzogenrath an, und: „Für die Moderne sind graue Wände vorgesehen.“Das klingt logisch. Doch so bunt diese Pastellpalette erscheinen mag, auch diese Färbung befriedigt keine Sensationsgier: „Bis in die 50er Jahre waren die Museumswände farbig – und selbst das Bauhaus hat dies für Museen propagiert.“Die Kunsthalle kommt nicht los von der Tradition. Im Gegenteil: Mit den wieder in die Zargen gehängten Tropenholztüren, den kunsthallenbraunen Fußleisten, dem klassischen neuen Parkett und dem neuen eleganten Steinfußboden setzt sie bewußt darauf.
Nicht ganz hanseatisch ist die Finanzierung. Der zu je einem Drittel vom Kunstverein, dem Bund und – über die Spielbank-Stiftung „Wohnliche Stadt“– auch von Bremen bezahlte Umbau wird um mehr als eine halbe Million Mark teurer. Dieter Harald Berghöfer vom Vereinsvorstand, der das Geld jetzt auftreiben muß, begründet dies mit nicht einkalkulierten Investitionen in die zum Teil marode Statik oder die Belüftungssysteme – ein typisches Altbauproblem.
Doch darin hat künftig auch die Moderne Platz: Neben den hinter Wänden und Decken versteckten Schlauchkilometern für fünf verschiedene Klimaanlagen werden drei neue Räume die Ausstellungsfläche um 500 auf insgesamt 3.600 Quadratmeter erweitern. Der schönste von ihnen befindet sich unter dem größten Glasdach, das schon jetzt nachts leuchtet.
ck/Foto: Nikolai Wolff
Wiedereröffnung Kunsthalle: voraussichtlich am 21. März. Wiedereröffnung des erweiterten Bis-tros voraussichtlich im Juni
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