: Menschenrechte abschieben
Am Internationalen Tag der Menschenrechte tut Hamburgs Ausländerbehörde, was sie immer tut: Flüchtlinge abschieben ■ Von Lisa Schönemann
Der heutige internationale Tag der Menschenrechte ist für die MitarbeiterInnen der Ausländerbehörde ein Tag wie jeder andere. Die Abteilung für aufenthaltsbeendende Maßnahmen wird sich ihren ureigensten Aufgaben widmen – den Abschiebungen. Auf ihr Geheiß muß heute Saraswathy Vasuthavan mit ihren beiden Töchtern Deaksha und Rebekka trotz der gültigen Aufenthaltserlaubnis ihres Mannes das Land verlassen.
Die 40jährige Tamilin aus Sri Lanka hat zwar als Ehefrau ein Zuzugsrecht, dies kann jedoch nur bei der deutschen Botschaft des Heimatlandes beantragt werden. In Hamburg gilt Frau Vasuthavan hingegen als „illegal eingereist“. Außer den drei Tamilinnen wird heute auch eine Pakistani abgeschoben, die in der gleichen Situation ist. Ihre Kinder sollen für zwei Jahre an eine pakistanische Schule wechseln, um dann nach Hamburg zurückzukehren. So lange wird es mindestens dauern, bis die deutsche Botschaft in Islamabad den Visa-Antrag bearbeitet hat.
„Es wird immer schwerer, Flüchtlinge dazu zu motivieren, allein die Behörde aufzusuchen“, sagt Anne Harms von der Beratungsstelle „Fluchtpunkt“. Die Wut überlasteter SachbearbeiterInnen äußere sich „in einem zynischen Grinsen“. Besondere Sorge bereitet den Flüchtlingsorganisationen zudem die vermehrte Abschiebung kranker MigrantInnen. „Ich hatte gedacht, daß wir das Ende der Fahnenstange in puncto Restriktionen gegenüber Flüchtlingen bereits erreicht hätten“, so Anna Bruns, migrationspolitische Sprecherin der GAL. Seit Oktober würden seriöse Atteste über lebensbedrohliche Erkrankungen von der Behörde nicht mehr akzeptiert. Nach Auskunft von Behördensprecher Norbert Smekal gibt es jedoch keine entsprechende Weisung.
Flüchtlinge wie der Iraner Mohammed Hooshmand sitzen in Abschiebehaft, obwohl der Ausländerbehörde zahlreiche Gutachten über die Schwere seiner psychischen Erkrankung und seines Anfallsleidens vorliegen. Der Epileptiker wurde Ende November nach einem Krankenhausaufenthalt festgenommen und hatte in der U-Haft zwei weitere schwere Anfälle. „Er ist weder reisefähig noch ist klar, ob er in Teheran überhaupt weiterbehandelt werden kann“, sagt seine Anwältin Ursel Naderhoff, die beim Verwaltungsgericht einen Aufschub beantragt hat, bis ihrem Mandanten aus gesundheitlichen Gründen ein Aufenthaltsrecht eingeräumt wird.
„Fluchtpunkt“sind weitere Flüchtlinge aus Armenien, Kurdistan und dem Iran bekannt, die trotz Selbstmordgefährdung abgeschoben werden sollen. „Das Attest ist unspezifisch und gibt lediglich in medizinischer Verbrämung die Weigerung des Antragstellers wider, in sein Heimatland zurückzukehren“, hatte die Behörde im Fall des Armeniers entschieden.
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