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Windiger Deal mit Öko-Geld

22.500 Anleger um 409 Millionen geprellt: Firma versprach Rendite für Umwelt-Investitionen. Staatsanwaltschaft ruhte sanft  ■ Von Marco Carini

Gerd Weiland nahm kein Blatt vor den Mund. Der renommierte Hamburger Wirtschaftsjurist gab gestern vor der Gläubigerversammlung der „Hanseatischen Aktiengesellschaft Elektrizitätswerk- und Umwelttechnik (HAG)“der Hamburger Staatsanwaltschaft eine Mitschuld daran, daß hunderte AnlegerInnen von der in Konkurs gegangenen Firma um Millionen geprellt wurden. Weiland, der als Konkursverwalter eingesetzt wurde: „Der Staatsanwalt hatte offenbar keine Lust zu ermitteln.“

Obwohl der Ermittlungsbehörde seit langem die betrügerischen Machenschaften der HAG, die von rund 22.500 AnlegerInnen insgesamt 409 Millionen Mark kassierte, bekannt gewesen seien, hätten sie über Jahre nichts unternommen. Das angebliche Schlampstück, für das nach Informationen der taz der Hamburger Oberstaatsanwalt Manfred Grünhage verantwortlich zeichnen soll, hätte dazu geführt, daß nicht gewarnte private Anleger noch bis Ende 1996 ihr Geld der dubiosen Öko-Gesellschaft zur Verfügung stellten. Weiland regte auf der Gläubigerversammlung an, die Staatsanwaltschaft im Wege der Staatshaftung in die Schadensersatz-Pflicht zu nehmen. „Auch wenn die Chancen gering sind, werde ich jeden unterstützen, der hier einen Musterprozeß führt“, kündigte der Wirtschaftsjurist an.

Hinweise auf das unseriöse Geschäftsgebahren der 1989 gegründeten HAG besaß die Staatsanwaltschaft laut Gisela Schmitz, Juristin der Hamburger Verbraucherzentrale, „bereits 1992“. Damals hatte das renommierte Brancheninformationsblatt gerlach-report behauptet, daß es sich bei den Aktivitäten der HAG um Anlagebetrug handelt, und Hamburgs Ermittlern am 16. Juni 1992 entsprechende Unterlagen zur Verfügung gestellt. Gisela Schmitz: „Passiert ist aber nichts.“

Auch der Frankfurter Fachanwalt für Steuerrecht Harald Ramminger wirft der Hamburger Staatsanwaltschaft vor, daß sie „seit 1994 mehrere Strafanzeigen“gegen die HAG „nicht verfolgt hat“. Die Staatsanwaltschaft war für eine Stellungnahme gestern nicht zu erreichen. Inzwischen allerdings ermittelt sie gegen die HAG und ihre Verantwortlichen wegen Anlagebetrug, Steuerhinterziehung und betrügerischen Bankrotts.

Den Anlegern hilft das nicht. Sie erhalten, so machte Weiland gestern auf der bis in den späten Abend andauernden Gläubigerversammlung deutlich, im besten Fall nur einen Bruchteil ihrer Einlagen zurück. Geworben hatte die HAG, zu der ein Kranz von unübersichtlichen Firmenkonglomeraten gehört, mit hohen Verlustzuweisungen und Renditen durch Beteiligungen an umweltfreundlichen Windrädern und Heizkraftwerken in Ostdeutschland und im Ausland.

Von den über stille Gesellschafts-Beteiligungen und Aktienverkäufe eingeheimsten 409 Anleger-Millionen investierte die HAG nur einen Bruchteil in die Kraftwerke. Ein anderer Teil des Geldes soll nach Recherchen einer saarländischen Wirtschaftsdetektei über die Schweiz und Luxemburg auf Privatkonten des in Davos ansäßigen und wegen Anlagebetrugs einschlägig vorbestraften Kaufmanns Günter Wagner geflossen sein.

Wagner zog die Fäden im unübersichtlichen HAG-Firmengeflecht und setzte auf alle wichtigen Unternehmenspositionen Mitglieder seiner vielköpfigen Familie. Den Konzern steuerte er so vorbei an Vorständen und Aufsichtsräten. Selbst der erfahrene Sequestor Weiland, der schon den Konkurs der Hamburger Stahlwerke abgewickelt hat, konnte sich gestern keinen Reim darauf machen, warum die Gremien ihre Pflichten nach dem Aktiengesetz nicht erfüllt haben.

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